Archive for the ‘Uncategorized’ Category

3827: Michael Degen ist tot.

Freitag, April 15th, 2022

Viele von uns kannten ihn gewiss als Vice Questore Patta aus Donna Leons Fernsehverfilmungen. Aber Michael Degen künstlerisches Leben ist viel reichhaltiger. Er ist im Alter von 90 Jahren in Berlin gestorben. Zunächst hatte er als Kind um sein Leben kämpfen müssen. Als jüdischer Junge konnte er mit seiner Mutter nur in einer Berliner Laubenpieper-Siedlung überleben. Wenige couragierte Menschen halfen ihnen dabei. So ist auch der Titel von Michael Degens Autobiografie „Nicht alle waren Mörder“ zu verstehen. Degens Vater starb nach Misshandlungen im KZ Sachsenhausen.

Michael Degen ging 1949 nach Israel, auch um nach seinem Bruder Ari (Adolf) zu suchen. Er diente in der Armee und wurde israelischer Staatsbürger. Aber 1951 kehrte er nach Deutschland und zu seiner Mutter in Berlin zurück. Bertolt Brecht holte ihn 1954 ans Berliner Ensemble. Degens Karriere führte ihn dann durch alle großen deutschen Bühnenstädte. Er war prädestiniert für zwiespältige Rollen, spielte unter Peter Zadek, Rudolf Noelte und George Tabori, scheute aber auch die Unterhaltung im deutschen Fernsehen nicht („Diese Drombuschs“, „Derrick“, „Klinik unter Palmen“) (Christine Dössel, SZ 13.4.22).

3826: Adenauer ließ die SPD ausspionieren.

Mittwoch, April 13th, 2022

Wer als politisch denkender Mensch ein Bild von Konrad Adenauer (CDU) hat, gestrig, obrigkeitsstaatlich, autoritär, der wundert sich nicht über die Erkenntnisse des Historikers  Klaus-Dietmar Henke, 75, (aus den Akten des Bundesnachrichtendienstes), dass Konrad Adenauer die damalige SPD systematisch von den alten Nazis der Organisation Gehlen ausspionieren ließ. Darüber müssen auch nicht die Verdienste Adenauers (Westbindung, Aussöhnung mit Israel, „Wiedergutmachung“) in Vergessenheit geraten. Die Nato war dazu da, die US-Amerikaner in Europa zu halten, die Sowjetts draußen und die Deutschen unten. Daran erinnern wir uns angesichts des russischen Vernichtungsfeldzugs gegen die Ukraine wieder ziemlich genau.

Die SPD von damals allerdings vollkommen auszuspähen, war niederträchtig. Denn die von Kurt Schumacher, Erich Ollenhauer und schließlich Willy Brandt geführte Partei war seinerzeit bereits strikt antikommunistisch und hatte mit real existierender sozialistischer Grausamkeit nichts zu tun, im Gegenteil. Willy Brandt wollte 1969 dann sogar „mehr Demokratie wagen“. Konrad Adenauer demgegenüber hatte die von ihm selbst mit ins Grundgesetz eingeführte Werte mit Füßen getreten. Er war ein Gegner der Massenmedien, wie die „Spiegel“-Affäre 1962 zeigte. Gerettet wurde die Bundesrepublik Deutschland damals vom Bundesverfassungsgericht mit seiner an Freiheit orientierten Rechtsprechung („Spiegel-Urteil“ 1966) (Joachim Käppner, SZ 12.4.22).

Hatten wir nicht alle gedacht, solche Kontroversen seien heute überwunden?

3825: Oligarchen in Steueroasen

Dienstag, April 12th, 2022

Russische Oligarchen, die für ihre Beteiligungen an deutschen Firmen wie Tui und Wintershall bekannt sind, ließen Dutzende Briefkastenfirmen in Steueroasen errichten. Das zeigen Recherchen der „Pandora Papers“ (an denen die SZ beteiligt ist) unter dem Namen „Pandora Papers Russia“. Dort werden 42 Oligarchen aufgeführt. U.a. Alexander Mordaschow. Am Tag seiner Sanktionierung durch die EU übertrug er 30 Prozent seiner Tui-Anteile an seine Lebenspartnerin (MAM, SZ 12.4.22).

3824: Angela Merkel gehört vor eine Enquete-Kommission.

Dienstag, April 12th, 2022

Daniel Brössler schreibt (SZ 12.4.22):

„Die bedingte Handlungsunfähigkeit Deutschlands heute ist Folge chronischen Politikversagens. Deshalb können die bisherigen Eingeständnisse allenfalls ein Anfang sein. Auch Angela Merkel wird sich erklären müssen. Am besten vor einer Enquete-Kommission des Bundestages.“

3823: In Europa flüchten die Menschen vor Russland.

Sonntag, April 10th, 2022

„Dass die großen Fluchtbewegungen in Europa immer wieder von Osten nach Westen führen, das hat mit Russland zu tun. 1917, mit der Geburt der ersten

totalitären Dikstatur

auf dem Planeten, ist eine Herrschaftspraxis aufgekommen, die zusätzlich zur Beherrschung und Ausbeutung des Menschen auch noch seine Umerziehung und nötigenfalls massenhafte Vertreibung oder gar Ermordung ins Programm genommen hat.

Ganze Generationen von Menschen flohen immer wieder aus dem Machtbereich Russlands in jene kleinteiligen Staaten Europas, in welcher der Mensch frei atmen kann. Der Osten, das war zu vielen Zeiten eine Gegend zum Davonlaufen. Zu Zeiten, die der große russische Dichter Ossip Mandelstam ‚das Jahrhundert der Wölfe‘ genannt hat. Wo die einen Menschen sich als Wölfe aufführen, werden alle anderen zu gehetztem Wild. Plötzlich liest man wieder vom vergessen geglaubten Begriff des

Totalitarismus,

diesmal gemünzt auf das System, das wir mangels anderer Begriffe bisher als

‚Putin-System‘

bezeichnen. Allumfassend in seinem Herrschaftsanspruch. Dazu passt der mit Goebbels assoziierte Begriff vom

‚totalen Krieg‘.

Nur ein totalitärer Staat hat die Instrumente, seine Bevölkerung in einen Krieg dieser Art hineinzutreiben.

Wladimir Putin, der Mann aus dem Herzen der Finsternis, aus dem Geheimdienst des alten Systems, soll vor Jahren einmal gesagt haben: Wer einmal beim KGB war, ist immer beim KGB. Das ‚Jahrhundert der Wölfe‘, es ist noch nicht zu Ende.“ (Gerhard Gnauck, FAS 10.4.22)

3822: Wahlen in Frankreich

Sonntag, April 10th, 2022

Warum sollte Marine le Pen, die Rechtspopulistin, dieses Mal wohl mehr Chancen haben, die Präsidentschaftswahlen in Frankreich zu gewinnen als 2017? Weil das französische politische System zunehmend marode ist. Le Pen ist nach wie vor

ausländerfeindlich, anti-europäisch, nationalistisch und autoritär. Sie verabscheut Berlin.

Also nicht besser als 2017, doch rückt sie durch den noch radikaleren Eric Zemmour in die Mitte. Obwohl sie nach wie vor an der Seite Wladimir Putins steht. Und Frankreich ist in mehrerer Hinsicht tief gespalten. Es gibt Städte und Regionen, in denen Armut und Perspektivlosigkeit herrschen. Und M. Macron ist arrogant, er findet keine Beziehung zu den sozial Schwachen. Er hat selbst zur politischen Verwahrlosung des Staates beigetragen. Sein Wahlkampf wirkt abgehoben und selbstgerecht. Immer größere Teile der französischen Gesellschaft empfinden Misstrauen gegenüber den politischen Institutionen. Neuerdings spielt Frau Le Pen die Karte, dass sie eine Frau ist. Herr Macron hat es bei der zweimaligen Besetzung des Premierminister-Postens nicht geschafft, auch nur einmal eine Frau zu nominieren. Er hat lieber Hinterbänkler genommen (Nadia Pantel, SZ 9./10.4.22).

3821: Panzer für die Ukraine

Samstag, April 9th, 2022

Putin muss seine Strategie im Ukrainekrieg ändern, weil er mit der alten bisher nicht erfolgreich war, Kiew nicht erobern konnte. Seine Truppen waren wegen ihrer schweren Verluste sogar demoralisiert. Er wird im Osten (Donezk, Luhansk) mit großen Verbänden und schweren Waffen angreifen. Die können nicht mehr – wie bisher – mit Panzerabwehrwaffen und Kampfdrohnen zurückgeschlagen werden. Dazu bedarf es Panzern, sowohl Schützenpanzern als auch Kampfpanzern. Deren Stärke liegt in zwei Komponenten: Feuerkraft und Beweglichkeit. Bei den Schützenpanzern kommt ihre Kapazität hinzu, Infanteristen zu transportieren.

Aus Deutschland käme der Schützenpanzer Marder in Frage. Aber der ist noch nicht überall einsatzbereit. Er kann aber instandgesetzt werden. Für die Ukraine wären am besten wahrscheinlich Panzer sowjetischer Bauart. Die sind nicht sehr reparaturbedürftig und könnten von den Ukrainern schnell bedient werden. In den acht Jahren Krieg seit 2014 (Krim) sind die ukrainischen Kämpfer erfahren. Mit schweren Panzerwaffen könnten sie den Russen lange standhalten. Danach könnten die zwischendurch instandgesetzten Marder immer noch eingesetzt werden. Russland droht ein militärisches Debakel (Paul-Anton Krüger, SZ 9./10.4.22).

3820: Die Nato wird noch gebraucht.

Freitag, April 8th, 2022

Die bisher neutralen Staaten Finnland (23.600 Soldaten) und Schweden (14.000 Soldaten und 20.000 Heimatmilizionäre) erwägen, in die Nato einzutreten. In Finnland ist die Entscheidung im Grunde bereits gefallen. Das Bündnis (30 Staaten) würde sich dem nicht verweigern, zumal beide Länder über die EU eng mit den Bündnisstrukturen verbunden sind. Neutrale Staaten ersuchen um den Schutz des Bündnisses, weil sie sich in ihrer Unabhängigkeit nicht mehr sicher fühlen. Die Bedrohung kommt von

Russland.

Der Westen wird von Russland bedroht, nicht umgekehrt. Militärisch würde sich durch den Beitritt Finnlands und Schwedens zunächst nicht so viel ändern. Aber wir haben ja das Beispiel der baltischen Staaten (Estland, Lettland, Litauen) zu klar vor Augen, um nicht erkennen zu können, was gespielt wird. Der Daseinszweck der Nato ist

Abschreckung.

Dazu braucht sie ein „strategisches Konzept“. Die ist nicht „hirntot“. Die Verteidigung des freien Westens muss nur ernsthaft betrieben werden. Deutschland hat mit der „Zeitenwende“ richtig gehandelt. Es braucht nur mehr Entschlossenheit (Stefan Kornelius, SZ 8.4.22).

3819: Das Scheitern der Impfpflicht: eine Farce.

Freitag, April 8th, 2022

Mit der Impfpflicht ist die Ampelkoalition (SPD, Grüne, FDP) krachend gescheitert. Und das kann sie weder der Union noch der stets etwas lächerlich wirkenden FDP in die Schuhe schieben. „In Sachen Impfpflicht aber haben SPD, Grüne und FDP nicht nur nicht gut regiert, sondern so gut wie gar nicht.“ Die Ampelkoalition wollte sich bequem aus der Affäre ziehen, indem man den Abgeordneten des Bundestags überließ, was diese ohne Fraktionszwang wollten. Dabei verlangte der Übergang von Delta zu Omikron eine neue Abwägung zwischen individueller Freiheit und kollektiver Sicherheit. „Weil die Impfung weder vor einer Infektion schützt noch davor, andere anzustecken, ist das einzig verbliebene Argument für eine Impfpflicht der Schutz des Gesundheitssystems vor Überlastung.“ (Henrike Rossbach, SZ 8.4.22)

3309: Ostdeutsche lesen kaum überregionale Tageszeitungen.

Freitag, März 12th, 2021

Nach den Ergebnissen einer Studie der Otto-Brenner-Stiftung lesen Ostdeutsche kaum überregionale Tageszeitungen. Produziert werden diese Blätter auch im Westen. Von der SZ werden 2,5 Prozent der Gesamtauflage im Osten verkauft (FAZ: 3,4; Spiegel 4,0; Zeit 6,0). 1989/90 waren 130 neue Blätter in Ostdeutschland auf den Markt gekommen. Sie konnten sich nicht halten. Die Berichterstattung fand mit westdeutschem Blick statt. Ist das verwunderlich?

Bis auf den heutigen Tag fühlen sich Westdeutsche als Teilnehmer des Diskurses, Ostdeutsche nicht. Deutschland ist tief gespalten. Das schlägt sich im unterschiedlichen Wahlverhalten nieder. 2021 haben wir sechs Landtagswahlen und eine Bundestagswahl. Wir registrieren verstetigte (Ost-)Identitäten bei Jüngeren und ein selbstbewussteres Auftreten der Ostdeutschen. Wenn es knapp wird, könnten die Minderheiten im Osten den Ausschlag geben (Cerstin Gammelin, SZ 13.3.21).