3826: Adenauer ließ die SPD ausspionieren.

Wer als politisch denkender Mensch ein Bild von Konrad Adenauer (CDU) hat, gestrig, obrigkeitsstaatlich, autoritär, der wundert sich nicht über die Erkenntnisse des Historikers  Klaus-Dietmar Henke, 75, (aus den Akten des Bundesnachrichtendienstes), dass Konrad Adenauer die damalige SPD systematisch von den alten Nazis der Organisation Gehlen ausspionieren ließ. Darüber müssen auch nicht die Verdienste Adenauers (Westbindung, Aussöhnung mit Israel, „Wiedergutmachung“) in Vergessenheit geraten. Die Nato war dazu da, die US-Amerikaner in Europa zu halten, die Sowjetts draußen und die Deutschen unten. Daran erinnern wir uns angesichts des russischen Vernichtungsfeldzugs gegen die Ukraine wieder ziemlich genau.

Die SPD von damals allerdings vollkommen auszuspähen, war niederträchtig. Denn die von Kurt Schumacher, Erich Ollenhauer und schließlich Willy Brandt geführte Partei war seinerzeit bereits strikt antikommunistisch und hatte mit real existierender sozialistischer Grausamkeit nichts zu tun, im Gegenteil. Willy Brandt wollte 1969 dann sogar „mehr Demokratie wagen“. Konrad Adenauer demgegenüber hatte die von ihm selbst mit ins Grundgesetz eingeführte Werte mit Füßen getreten. Er war ein Gegner der Massenmedien, wie die „Spiegel“-Affäre 1962 zeigte. Gerettet wurde die Bundesrepublik Deutschland damals vom Bundesverfassungsgericht mit seiner an Freiheit orientierten Rechtsprechung („Spiegel-Urteil“ 1966) (Joachim Käppner, SZ 12.4.22).

Hatten wir nicht alle gedacht, solche Kontroversen seien heute überwunden?