Archive for the ‘Medien’ Category

4777: Die SPD kann sich kaum auf Willy Brandt berufen.

Dienstag, April 9th, 2024

Heinrich August Winkler, der große Historiker, hatte sich schon 2020 auf Ferdinand Lassalle berufen, den Gründungsintellektuellen der SPD: „Alle große politische Aktion besteht im Aussprechen dessen, was ist, und beginnt damit. Alle politische Kleingeisterei besteht im Verschweigen und Bemänteln dessen, was ist.“ Letzteres hat die SPD gegenüber Putin getan. Übrigens nicht allein. Denken wir nur an Angela Merkel (CDU).

Winkler und seine Kombattanten stellen fest, dass die SPD die Entspannnungspolitik Willy Brandts „unkritisch und romantisierend als Markenzeichen der SPD“ hochhält. Man dürfe nicht wie Olaf Scholz rote Linien auf der eigenen Seite ziehen. Dann lasse man sich von Despoten wie Putin hinterher einschüchtern. Willy Brandt hatte das Leid von Moskau, Warschau, Prag und Ostberlin durch die Nazis anerkannt. Und daraus pragmatische Schlüsse gezogen. Übrigens immer in Übereinstimmung mit den USA.

Die Sowjetunion, die zunächst ihr Interesse am Status quo durchaus bekundete, überfiel danach 1979 Afghanistan und unterdrückte Polen 1980. Mit den Unterdrückten zeigte die SPD wenig Solidarität. Und Putin will anders als die Sowjetführung aggressive Stärke an den Tag legen. Das ist ihm schon gelungen. Verträge wie das Minsker Abkommen von 2014 hält er einfach nicht ein. Das erkennt die SPD nicht. Angela Merkel seinerzeit auch nicht. Es ist zum Verzweifeln. Da bleibt nur der militärische Sieg. Aber der ist schwer zu erreichen, nachdem die Union z.B. die Bundeswehr vollständig runtergewirtschaftete hat. Die SPD kommt mit der Lage nicht klar. Das sollten wir bei der nächsten Bundestagswahl berücksichtigen (Joachim Käppner, SZ 9.4.24).

4775: Christoph Hein 80

Montag, April 8th, 2024

Christoph Hein war ursprünglich erfolgreicher Theaterautor in der DDR etwa neben Heiner Müller und Volker Braun, sah aber im Roman mehr Freiheitsmöglichkeiten. Die nutzte er. In scheinbar einfacher Sprache, die hochartifiziell ist. 1982 erschien „Der fremde Freund“ („Drachenblut“). Darin kommen Claudia und Katharina nicht mit der Repression in der DDR klar. Katharina darf kein Abitur machen, weil sie Christin ist. Die Frauen gehen unter.

Auf dem Schriftstellerkongress 1987 kritiserte Christoph Hein die DDR-Zensur als menschenfeindlich, nutzlos, paradox und strafbar. Er fand das gar nicht mutig. Das sei es vor vierzig Jahren gewesen. Mut beginne erst da, wo mindestens die Deportation in ein sibirisches Arbeitslager drohe, so Hein. Das haben wir ja jetzt wieder erreicht. Christoph Hein wird 80 Jahre alt. Wahrscheinlich müssten wir Christoph Hein viel dankbarer sein, als wir es sind (Felix Stephan, SZ 8.4.24).

4774: Peter Sodann ist gestorben.

Montag, April 8th, 2024

Die meisten von uns kannten ihn als Dresdener „Tatort“-Kriminalhauptkommissar Bruno Ehrlicher. Peter Sodann ist im Alter von 87 Jahren gestorben. Er war aber schon in der DDR ein sehr erfolgreicher Schauspieler und Theaterintendant. 1961 musste er wegen „staatsfeindlicher hetze“ in den Knast. 2001 erhielt er das Bundesverdienstkreuz. 2009 war für die Linkspartei Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten (SZ 8.4.24).

4773: Zahl der Straftaten steigt.

Montag, April 8th, 2024

Nach der Polizeilichen Kriminalstatistik (angezeigte Straftaten) ist 2023 die Zahl der Straftaten wie schon im Vorjahr gestiegen. Um 5,5, Prozent auf fast sechs Millionen Delikte. So viele Fälle hatte es zuletzt 2016 gegeben. Davor hatten Zahlen stagniert oder waren gefallen. 58,4 Prozent der Straftaten wurden aufgeklärt, etwas mehr als im Vorjahr (SZ 8.4.24).

4772: Russland-Affäre setzt AfD unter Druck.

Samstag, April 6th, 2024

Nach Aussagen früherer Führungspersonen der AfD rührt die Russland-Abhängigkeit der Partei von dem Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland her. Zu Zeiten von Bernd Lucke hätten die NATO-Anhänger noch die Mehrheit gehabt. Die Kritik an ihrer Russland-Affinität macht der AfD schwer zu schaffen. Mehrere Abgeordnete der Partei stehen im Verdacht, Geld aus Russland angenommen zu haben (SZ 6./7.4.24).

4769: Andreas Scheuer (CSU) legt Mandat nieder.

Dienstag, April 2nd, 2024

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Andreas Scheuer (CSU), 49, hat sein Mandat niedergelegt und scheidet vorzeitig aus dem Parlament aus. Der Bundestag bestätigte den Schritt. Scheuer war seit 2002 Mitglied des Bundestags. 2018 wurde er im vierten Kabinett Merkel Bundesverkehrsminister und scheiterte mit der PKW-Maut schwer und teuer. Auch in der CSU wurde er deshalb von vielen als Belastung betrachtet (SZ 2.4.24).

4768: Russland bezahlt EU-Abgeordnete.

Montag, April 1st, 2024

Der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala, ein ehemaliger Nato-Offizier, behauptet, dass Russland EU-Abgeordnete bezahlt. Insbesondere mit dem Ziel der Europawahl. Das betreffe Abgeordnete aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden. Dies hat der belgische Premierminister Alexander de Croo nun bestätigt. Es gebe nach sicheren Geheimdiensterkenntnissen mehrere von Russland bezahlte westeuropäische Netzwerke. Im Verdacht stehen Politiker der AfD und der Linken. Genannt wurden die beiden AfD-Politiker Maximilian Krah und Petr Bystron. Krah hat das bestritten. Der SZ liegt eine Liste mit Namen vor. Es gibt auch spezielle Artikel. Etwa den, dass für „schwere sexuelle Übergriffe“ in Deutschland zu „100 Prozent Ausländer verantwortlich“ seien (V. Großmann, J. Schmitt, H. Wetzel, SZ 30./31.3./1.4.24)

4766: Historiker-Brandbrief an die SPD-Spitze zu Russland

Freitag, März 29th, 2024

Am 20. März hat eine Gruppe von Historikern einen Brandbrief an die SPD-Spitze geschickt. Unter der Führung von Heinrich-August Winkler, 85, einem führenden Forscher zum 20. Jahrhundert und ausgewiesenen Sozialdemokraten. Zu den Unterzeichnern gehört auch der Göttinger Professor Dirk Schumann. Angesichts der Unklarheiten nach der „Zeitenwende“ plädieren die Wissenschaftler dafür, eine Positionsklärung vorzunehmen. Winkler hatte die SPD bereits 2014 beim russischen Überfall auf die Krim scharf kritisiert. Auch die Abstimmung mit unseren Verbündeten in der NATO sei unzureichend.

Die SPD bleibe in alten und falschen Grundeinstellungen gegenüber Russland stecken. Putin sei überhaupt nur zu Verhandlungen bereit, „wenn ihm unzweideutig vermittelt wird, dass der Westen seine erheblich größeren Ressourcen so lange wie nötig einsetzen wird, um eine Niederlage der Ukraine zu verhindern“. Total falsch seien Statements wie die vom SPD-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag. Das würde ein Ende der Kampfhandlungen zugunsten Russlands bedeuten. „Wir halten diese Realitätsverweigerung für hochgefährlich.“ (Georg Ismar, SZ 28./29.3.24)

4764: Evan Gershkovich bleibt in Russland in Haft.

Donnerstag, März 28th, 2024

Der Reporter des „Wall Street Journal“, Evan Gershkovich, bleibt auf Anordnung des Moskauer Stadtgerichts zumindest bis zum 30. Juni 2024 in Untersuchungshaft. Er war wegen angeblicher Spionage auf einer Reportagereise Ende März 2023 in Jekaterinburg verhaftet worden. Der Reporter wurde auf Fotos und in einem Video gezeigt. Diktator Putin hatte mehrmals davon gesprochen, den Reporter gegen im Westen inhaftierte Russen auszutauschen. Die Verhandlungen gegen den Journalisten finden, wie in Russland üblich, unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt (SZ 27.3.24).

4763: Julian Assange wird vorerst nicht an die USA ausgeliefert.

Mittwoch, März 27th, 2024

Der Londoner High Court hat entschieden, dass der Wikileaks-Gründer Julian Assange vorerst nicht an die USA ausgeliefert wird. Assange kann weiterhin gegen eine Auslieferung juristisch vorgehen. Wegen der Veröffentlichung von Geheimdokumenten droht Assange in den USA die Todesstrafe. Der High Court verlangt, dass sich Assange auf den ersten Zusatzartikel der US-Verfassung stützen darf, der Meinungs- und Pressefreiheit garantiert. Vom High Court werden von den USA „verlässliche Zusicherungen“ gefordert. Assange wird die Erlaubnis erteilt, gegen eine Auslieferung in Berufung zu gehen. Seine Unterstützer geben an, Assange drohten in den USA bis zu 175 Jahre Haft (SZ 27.3.24).