3595: Gerd Ruge ist tot.

Er war einer der legendären Reporter im deutschen Journalismus nach 1945, hauptsächlich im Fernsehen. Gerd Ruge, der nun im Alter von 93 Jahren in München gestorben ist. Begonnen hatte seine Karriere 1949 noch beim Namensgeber des Adolf-Grimme-Preises, Adolf Grimme, beim NDR. 1950 war er der erste westliche Korrespondent in Jugoslaweien, 1956 ging er nach Moskau, 1964 nach Washington, später wieder nach Moskau. Zwischendurch war er für die „Welt“ in Peking (z.B. beim Tod Mao Tse Tungs 1976). Wir kennen ihn als Russland-Experten. Mit dem heftigen Nuscheln. Das erschien beinahe als Qualitätsmerkmal.

1963 hatte er mit Klaus Bölling den „Weltspiegel“ begründet, der bis heute unser deutsches Wissen über die Welt befördert. 1961 hatte Ruge gemeinsam mit Carola Stern und Felix Rexhausen die deutsche Sektion von Amnesty International gegründet. Er wurde Chefredakteur des WDR. Legendär ist seine Reportage zur Ermordung Robert Kennedys 1968, fünf Jahre nach dem Mord an John F. Kennedy und zwei Monate nach der Ermordung Martin Luther Kings. Da zeigte Gerd Ruge während der Reportage menschliche Züge, er zittert und musste seine Tränen verbergen. Die offizielle Politik mied Gerd Ruge nach Kräften. Er berichtete von ihren Folgen für die Menschen. „Wer Ruge sah, musste ihn hören, musste ihm angespannt zuhören, um nur ja nichts von dem zu verpassen, was er aus dem finsteren Russland und aus dem kaum leichter zu begreifenden Amerika zu berichten hatte.“ (Willi Winkler, SZ 18.10.21)