4694: Oskar Negt ist tot.

Im Alter von 89 Jahren ist der Soziologe Prof. Dr. Oskar Negt (Hannover) gestorben. Er war eine der Leitfiguren der freischwebenden Linken und insofern anfällig für Fehler. Der ostpreußische Bauernsohn hatte im Sinne der „kritischen Theorie“ in Frankfurt/Main Sozialwissenschaften studiert und bei Theodor W. Adorno promoviert. Die Erschießung Benno Ohnesorgs durch einen Stasi-Agenten 1967 in West-Berlin hat auch Negts Weg stark bestimmt. Bei ihm gab es nicht nur Marx und Engels, sondern als Theoretiker auch Karl Korsch, Peter Weiss und Peter Brückner, in dem Sinne war er unorthodox.

In seinen Hauptwerken

„Öffentlichkeit und Erfahrung“ (mit Alexander Kluge) und

„Geschichte und Eigensinn“

hat Negt sogar Einfluss genommen auf die Massenkommunikationsforschung der Bundesrepublik, auch wenn seine Werke wohl nicht von allzu vielen gelesen worden sind. Seine Theorie hatte eine klar anti-leninistische Linie, weil Oskar Negt den Autoritatismus W.I. Lenins und dessen Gewalthaltigkeit (Massenmord) ablehnte, Gewaltlosigkeit war seine Leitlinie. Ein großes Lob für Oskar Negt ist die Aussage von Ulrike Meinhof, er sei „das Schwein“. Horst Mahler erklärte, „Negt war unser Feind“. Negt hat mit dazu beigetragen, dass Joschka Fischer linken Gewaltfantasien abschwor und sich auf die Vernunft besann. Das nehmen ihm auf der Linken heute noch viele übel. Gerhard Schröder hat Oskar Negt gar nicht verstanden.

Wenn von den verbliebenen Anhängern Negts im Hinblick auf den Ukrainekrieg pazifistische Unterwerfung gefordert wird, so ist das schlüssig und gleichzeitig kennzeichnend für ihre falsche Politik.