4603: Deborah Feldman ist unorthodox und passt in kein Schema.

Seit ihrem Buch „Unorthodox“ über ihre Flucht aus der orthodoxen Satmarer-Sekte in New York ist Deborah Feldman ein literarischer Star. Seit zehn Jahren lebt sie in Berlin. Nun ist ihr neues Werk „Judenfetisch“ erschienen. Sie ist gefragter denn je. Ich führe hier Äußerungen von ihr auf, die sie in einem Interview mit Sonja Zekri (SZ, 21.11.23) gemacht hat:

„Meine Großeltern waren Deutsche, wurden verhaftet, mussten fliehen.“

„.. ich bin genau so berechtigt, mich als deutsche Jüdin zu Wort zu melden. Ich habe die Staatsbürgerschaft meines Urgroßvaters bekommen, ich habe hier meine Wurzeln, ich fühle mich zugehörig. Und das lasse ich mir auch nicht absprechen.“

„Die gesamte Debatte über den muslimischen Antisemitismus dient den Rechten dazu, sich vom Antisemitismus zu entlasten.“

„Solidarität mit Israel ist eine gute Lehre aus dem Holocaust, ich will das nicht anzweifeln. Seit Konrad Adenauer führt Deutschlands Weg zur Wiedergutmachung an die Seite Israels. Deutschland investiert in den Erfolg Israels und befreit sich dadurch aus seiner Verantwortung aus der Geschichte.“

„Dieses Land hat sich sehr früh darauf festgelegt, dass in der bedingungslosen Solidarität zu Israel die Erlösung liegt, vom Antisemitismus, vom Rassismus, von gesamten Hass in der Gesellschaft.“

„Es gibt schon lange eine Bewunderung der europäischen Rechten für das rechtsnationale Israel.“

„Es besteht eine Gefahr für Muslime und dann für Juden. Und das macht mir existentielle Angst als Enkelin eines Großvaters, der 1939 von der Gestapo verhaftet und zur polnischen Grenze gebracht wurde, zu Fuß zurücklief, um Frau und Kinder zu holen und gleich zu fliehen.“

„Der 7. Oktober hat mich näher an die Friedensaktivisten gebracht, an die weltoffenen Israelis und Palästinenser. Er hat mich nicht dem gesamten Judentum näher gebracht. Ich fühle mich doch nicht den rechtsextremen Siedlern in der Westbank nahe, die jetzt Jagd auf Palästinenser machen. Ich fühle mit allen Opfern und ihren Angehörigen. Das Wir, das angegriffen wurde, ist der Frieden, die Menschenrechte, der Humanismus. Für die ich mein Leben lang gekämpft habe.“

„Es gibt viele Stimmen in Israel, die diese Gewalt klar für exzessiv und unverhältnismäßig halten. Der Entzug von Wasser ist völkerrechtswidrig. Die Vertreibung ist völkerrechtswidrig. Die Inkaufnahme ziviler Opfer ist völkerrechtswidrig.“

„Mein eigener Lösungsansatz lautet wie der von vielen Menschen in Israel und in der Diaspora: Lasst uns diese Stimmen lauter machen, die nicht von ‚tilgen‘ reden. Sie sind die einzigen, die eine Lösung herbeiführen können.“

„Primo Levi, Jean Améry und Czeslaw Milosz wollten nur eines vermitteln: Entweder du bist für alle, und alle Menschen sind gleichwertig, denn nur so entgehen wir der Gefahr, dass wir ein neues Opfer aussuchen. Oder du sagst, mir ist etwas Schlimmes passiert, also darf ich wegschauen, wenn anderen etwas Schlimmes passiert. Mehr Möglichkeiten gibt es nicht.“