3411: KPD-Überläufer zur NSDAP 1933

Sozialstrukturell war die NSDAP eine Partei der Mitte. Das zeigen alle wissenschaftlichen Analysen ihrer Mitglieder, Wähler und Anhänger. 1933 aber kam es dazu, dass auch relativ viele Kommunisten aus dem Widerstand zur Nazi-Partei überliefen. Das zeigt eine Untersuchung von Udo Grasshoff:

Gefahr von innen. Verrat im kommunistischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Göttingen (Wallstein) 2021, 471 Seiten, 52 Euro.

Ausgewertet worden sind dazu die Daten von ca. 400 Personen (Renegaten, Abtrünnige, Polizeispitzel, Aussagewillige), Listen des Geheimdienstapparates der KPD, Gehaltslisten der Gestapo, Akten der Stasi, nach Moskau geschickte Berichte der KPD. Nach Aussagen aus der Gestapo sind sogar 70 Prozent der 1933 neu in die SA aufgenommenen Mitglieder Kommunisten gewesen. Die Gestapo verfügte über die unumschränkte Macht, sie bot soziale Sicherheit und materielle Absicherung, und sie konnte durch Haft, Folter und Zwang fast alles, was sie wollte, erreichen. Die Kommunisten genießen grundsätzlich den Ruf, stabil und widerstandsfähig zu sein. Aber in einer schwierigen Sondersituation wie 1933 wurden doch mehr von ihnen schwach. Menschlich vollkommen verständlich (Knud von Harbou, SZ 17.5.21).