3410: Giffeys Vorgehen – nicht hinnehmbar.

Franziska Giffey hat ihr Amt als Familienministerin niedergelegt, weil sie annimmt, dass ihr die Freie Universität Berlin den Doktortitel aberkennt. Bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus im Herbst tritt sie als Spitzenkandidatin der SPD trotzdem an. Sie hat hinzugefügt: „Wer ich bin, was ich kann, ist nicht abhängig von diesem Titel.“

Ja, warum hat sie den denn im Jahr 2010 angestrebt?

Franziska Giffeys Verhalten erscheint manchen im Gegensatz zu dem anderer Betrüger klug und taktisch geschickt. Ihr Verhalten wird ausgesprochen milde beurteilt (Nico Fried, SZ 20.5.21; Lothar Müller, SZ 20.5.21; Roland Preuss, SZ 20.5.21).

Aber dazu ist kein Anlass.

Franziska Giffey beschädigt

– die Bundesregierung,

– die Freie Universität Berlin,

– die SPD,

– sich selbst,

– vor allem trägt sie dazu bei, die Institutionen der Promotion und der Dissertation weiter nachhaltig zu beschädigen. In Jura und Medizin ist der Ruf der Dissertation schon fast vollständig dahin. Das ist ungerecht gegenüber denjenigen, die sich – wie eh und je – redlich bemühen, der Wissenschaft zu dienen. Sie werden heute mehr denn je gebraucht und dürfen nicht von denjenigen desavouiert werden, die manchmal vorsätzlich, manchmal leichthin schlampig und unwissenschaftlich arbeiten oder

Diebstahl geistigen Eigentums

begehen. Darunter einige Prominente. Das sind Betrüger. Wie Herr Guttenberg. Der hat sein Know how dann ja noch

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zur Verfügung gestellt. Das ist keine Privatsache. „Ein Doktortitel macht keinen besseren Menschen. Aber auch keinen schlechteren.“ Wobei im Fall von Frau Giffey die Freie Universität Berlin gerade unprofessionell vorgegangen ist. Für sie ist diese Angelegenheit kein Ruhmesblatt.

Ein ähnlich schwerwiegender Fall lag vor bei der medizinischen Dissertation (Arbeit aus dem Jahr 1990) von Ursula von der Leyen. Das kann man allein bei Wikipedia nachlesen. Sie kam 2016 bei der Nachbegutachtung der Medizinischen Hochschule Hannover allein deshalb davon, weil sie Beziehungen in das Entscheidungsgremium hatte. Prof. Dr. Gerhard Dannemann (Humboldt Universität Berlin) meinte seinerzeit, bei 32 Plagiaten auf 62 Seiten in von der Leyens Doktorarbeit könne man ein systematisches Vorgehen pauschal nicht verneinen. Tatsächlich.

Zum Fall Franziska Giffey kritisierte die familienpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Ekin Deligöz, es wäre für Frau Giffey besser gewesen, „früher reinen Tisch zu machen und das Amt nachzubesetzen“. In der Tat.

Es ist kein richtiges Vorgehen, die Berliner Wählerinnen und Wähler am 26. September über Franziska Giffeys Doktorarbeit abstimmen zu lassen. Die sind dafür nicht das richtige Gremium. Entscheiden muss die Promotions-Kommission. Aber wissenschaftlich.

Franziska Giffey sollte sich aus der Politik zurückziehen.