2352: Theo Waigel 80

Der ehemalige CSU-Vorsitzende und Bundesfinanzminister Theo Waigel wird zu Ostern 80 Jahre alt. Er war immer ein Solitär und etwa einer der wenigen in der CSU, der sich für Angela Merkels (CDU) Flüchtlingspolitik eingesetzt hat. Georg Meck und Bettina Weiguny haben ihn für die FAS (14.4.19) interviewt.

FAS: Sie waren Akteur bei der deutschen Einheit wie der Euroeinführung. Lief das alles ohne Fehl‘ und Tadel aus heutiger Sicht?

Waigel: Was wir nicht gewusst haben vor der Wiedervereinigung, das war, wie schlimm es um die ostdeutsche Volkswirtschaft stand und wie bankrott der Staat war.

FAS: Bundeskanzler Helmut Kohl hat von bald blühenden Landschaften geschwärmt.

Waigel: Die sehe ich, wenn ich durch Ostdeutschland fahre. Hätten wir die Menschen damals gefragt: Seid ihr bereit, für die Einheit 2,5 Billionen Mark zu bezahlen? Da hätte uns niemand – … – unterstützt.

FAS: So haben Sie den Leuten etwas vorgegaukelt.

Waigel: Nein! Wir haben allerdings den Ostdeutschen den Offenbarungseid erspart, das war vielleicht ein Fehler. Soll mir heute niemand mit Ostalgie kommen, da war nichts gut in der DDR! Die deutsche Einheit war eine einmalige historische Gelegenheit, und wir hatten nur ganz wenig Zeit, gut ein Jahr, mehr nicht.

FAS: Warum .. braucht das Friedensprojekt Europa unbedingt eine gemeinsame Währung – gegen alle ökonomischen Einwände?

Waigel: Der Euro ist auch ökonomisch notwendig. Wir wären mit der D-Mark ein Spielball des Dollars und des Renminbis. Europa hat nur so eine Chance. Schon die Finanzkrise hätten wir mit 30 einzelnen Währungen nie überstanden. In Deutschland hätten wir heute eine Aufwertung der Mark, die wäre verheerend für die Wirtschaft.

FAS: Trotzdem lautet das gängige Urteil: Die Durchlässigkeit der Gesellschaft nimmt ab, die Elite schottet sich ab.

Waigel: Das Gegenteil ist wahr. Die Barrieren von früher gibt’s nicht mehr. Komme mir niemand mit der guten alten Zeit. Es herrschten eine Theologie der Angst und eine Pädagogik der Schläge. Wir leben heute in der besten aller Zeiten. …

Kommentar W.S.: Ich stimme mit Theo Waigel überein.