3630: Verschwinden Lokalzeitungen, steigt die Kriminaltät.

Eine wissenschaftliche Studie in den USA von Jonas Heese (Harvard), Gerardo Perez Cavazos (San Diego) und Caspar David Peter (Rotterdam) belegt, dass dann, wenn Lokalzeitungen verschwinden, die Fälle von Betrug, Finanzvergehen, Wasser- und Luftverschmutzung sowie Verstöße gegen das Arbeitsschutzrecht zunehmen. Das Fehlen einer Lokalpresse wird anscheinend als Freifahrtsschein für Betrug und Regelverletzungen betrachtet.

In den vergangenen 20 Jahren hat sich die verkaufte Auflage aller US-Lokalzeitungen etwa halbiert. An manchen Orten gibt es gar keine freie Presse mehr. Die Forscher verwandten den „Violation Tracker“ der gemeinnützigen Organisation „Good Jobs First“, der auflistet, wie viele Strafzahlungen die 44 wichtigsten Ministerien und Regulierungsbehörden einem Unternehmen über einen gewissen Zeitraum aufgebrummt haben. Die „Deutsche Bank“ etwa und ihre Töchter  haben seit 2000 76 Regelverstöße begangen und dafür 18,3 Milliarden Dollar an Buße gezahlt.

In Kreisen, in denen es gar keine Lokalzeitungen mehr gab, erhöhte sich die Summe der Bußen um 36 Prozent. Der Ausstoß giftiger Gase stieg in Regionen, in denen Zeitungen geschlossen wurden, um 18,3 Prozent. „Ohne Lokalzeitung gibt es niemanden mehr, an den sich Mitarbeiter skrupelloser Unternehmen mit Informationen wenden können.“ Wenn es keine Lokalzeitung mehr gibt, kann ein bestraftes Unternehmen seiner Verurteilung nachkommen, ohne dass jemand darüber berichtet.

Das entspricht übrigens den Ergebnissen einer Stdie aus dem Jahr 2019 von Penjie Gao, Chang Lee und Dermott Murphy von den Universitäten Illinois und Notre Dame.

Die Untersuchung hat gezeigt, dass Lokalzeitungen weithin ihre Überwachungsfunktion wahrnehmen und nicht nur Anhängsel von Anzeigenkunden sind.

(Claus Hulverscheidt, SZ 21.10.21)