4503: Christian Thielemann neuer Generalmusikdirektor an der Staatsoper Unter den Linden

Christian Thielemanns, 64, Berufung als Nachfolger Daniel Barenboims zum Generalmusidirektor an die Staatsoper Unter den Linden in Berlin hat in der Hauptstadt Jubel ausgelöst. Der neue Chef verfügt über ein starkes Ego. Und manchmal polarisiert er auch Publikum, Musiker und Mitarbeiter. An einigen Stätten seiner Tätigkeit war sein Abgang nicht ganz unproblematisch: Dresden, Bayreuth, Salzburg. Die Berliner Philharmoniker entschieden sich für Kirill Petrenko.

An einem weltweit so beobachteten Haus wie der Staatsoper Unter den Linden ist das nicht ganz unheikel. Intendanten, Sänger, Regisseure und Repertoire müssen aufeinander abgestimmt werden. Die Angriffe auf Hochkultur-Institutionen haben zugenommen. Thielemann brillierte bisher mit hochromantischen deutschen Opern. Die Aufführungen glichen bisweilen mystischer Beschwörung der Klänge. Kritiker bemängelten manchmal die große Lautstärke, die „Marschseligkeit“ und die langsamen Tempi. In aller Welt werden gegenwärtig eher sehr junge Dirigenten bevorzugt. Es muss ein neues, ungebildeteres Publikum gewonnen werden. Richard Wagner und Richard Strauss sind da nur zwei Bausteine.

Sehr wichtig ist dabei neue Berliner Staatsopernintendantin Elisabeth Sobotka. Wahrscheinlich steht ihr Programm für die ersten Jahre ja bereits. Das muss dann mit Thielemann abgestimmt werden. Sehr wichtig ist dabei natürlich auch die Berliner Politik. Es kommt stark auf den neunen Kultursenator Joe Chialo (CDU) an. Es wird sich bald zeigen, ob Thielemann in Berlin einen konservativen Weg beschreitet wie in Wien oder Mailand oder einen zukunftsorientierten wie in New York und München. Hoffentlich kommt es zu einem konstruktiven Zusammenspiel aller Beteiligten. Das wäre für uns als Hörer das Beste (Reinhard J. Brembeck, SZ 28.9.23).