3958: Mehr arbeiten wegen Fachkräftemangels ?

Als der ehemalige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel den Vorschlag machte, etwas mehr zu arbeiten, damit die Menschen wieder mehr verdienen, kam gleich der Verdacht auf, dass Gabriel nur die Seiten zum Kapital gewechselt habe. Dabei ist die Lage für Arbeitnehmer tatsächlich besser geworden. Vielleicht noch nicht genug, aber immerhin: stabile Löhne und Sozialleistungen, hohe Mitarbeiterzufriedenheit. Und: Krieg, Pandemie und eine krisenhafte Weltwirtschaft bleiben ohnehin.

Was heute fehlt, sind Menschen, die arbeiten wollen und können.

Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung fehlen in Deutschland derzeit 1,5 Millionen Fachkräfte. Bis 2030 sinkt die Zahl der Arbeitnehmer von heute 45 Millionen um 3 Millionen, bis 2040 nochmals um 3 Millionen. Das kostet Innovation, Wachstum und Wohlstand. Die Finanzierung der Sozialsysteme wird zunehmend gefährdet.

„Deshalb ist es so wichtig, dass das Ideal nicht lautet: Lasst uns immer weniger arbeiten. Sondern es muss in der Summe mehr, aber eben auch flexibel und attraktiv gearbeitet werden.“ Im Kranken- und Pflegesektor etwa werden nicht mehr Menschen arbeiten, weil die Arbeitszeiten kurz sind, sondern nur, wenn sie bessere Arbeitsbedingungen haben. „Ohnehin würden vermutlich Menschen, wenn es sich denn für sie lohnte, mehr arbeiten wollen. Erst recht, wenn das Leben immer teurer wird.“ (Marc Beise, SZ 26.7.22)

Sigmar Gabriel hat recht.