3939: Meron Mendel: Entweder Frau Schormann übernimmt Verantwortung, oder sie gibt sie ab.

In einem Interview mit Jörg Häntzschel (SZ 11.7.22) sagt Meron Mendel, der Leiter der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt, über die Documenta folgendes:

SZ: Manche erklären nach den Fehlern der Documenta den gesamten Postkolonialismsu für desavouiert.

Mendel: Es ist weniger das Scheitern einer philosophischen Denkrichtung, sondern das Scheitern des Dialogs zwischen bestimmten Denkrichtungen und Perspektiven. Es zeigt, dass sich innerhalb der deutschen Gesellschaft unversöhnliche Lager gegenüberstehen. Die einen, nicht nur Menschen aus dem globalen Süden, auch Künstler aus dem Westen, sehen sich als Opfer, beklagen, dass Zionismus und der Staat Israel die Deutschen kontrollieren. Die anderen sagen, mit Leuten aus Indonesien kann man nichts anfangen, das sind alles Antisemiten. Diese Gruppen sind in ihren Echokammern hermetisch eingeschlossen.

SZ: Kurz nach Ihrem Rückzug hat Hito Steyerl erklärt, sie ziehe ihre Werke von der Documenta ab. Wie kann es jetzt weitergehen?

Mendel: Ohne Struktur in der Organisation sind alle guten Ideen zum Scheitern verurteilt. Frau Schormann steht vor der Wahl. Entweder übernimmt sie die Verantwortung, oder sie gibt sie ab.