3655: Rudolf Steiner: Der Ideologe der Impfgegner

Die Soziologen Oliver Nachtwey und Nadine Frei haben in einer Studie nachgewiesen, dass es starke Überschneidungen zwischen dem anthroposophischen Milieu und den Impfgegnern und „Querdenkern“ gibt. Besonders in Baden-Württemberg. Woran liegt das? Dazu hat Alex Rühle (SZ 24.11.21) den Anthroposophie-Experten

Prof. Dr. Helmut Zander (Uni Fribourg)

befragt, der eine Rudolf Steiner-Biografie verfasst hat und systematisch zur Anthroposophie forscht. Er antwortet (in Auszügen) u.a. zur Wissenschaftsskepsis folgendermaßen:

„Aus einem anthroposophischen Wissenschaftsverständnis, das wir an der Universität nicht mehr mittragen. Rudolf Steiner meinte, man müsse das, was die Naturwissenschaften erforschen, auf anderem Weg erreichen mit geisteswissenschaftlichen Methoden übersinnlicher Erkenntnis.“

„Unser Wissenschaftsverständnis setzt dagegen Wissen auf Zeit voraus, Dateninterpretation, Diskurs, Wahrscheinlichkeit.“

„Steiner glaubte, dass das Impfen grundsätzlich problematisch sei, weil es dazu führe, den Menschen ‚die Hinneigung zur Spiritualität auszutreiben‘, wie er 1917 sagte.“

„Von der Schulmedizin wird die Impfnotwendigkeit hingegen epidemiologisch-statistisch begründet. Der Nutzen für die Allgemneinheit ist größer, wenn wir impfen, als wenn wir nicht impfen.“

„Ich finde es in dem Zusammenhang problematisch, wenn sich der Bund der Waldorfschulen hinsichtlich von Steiners Rassismus mit windelweichen Formulierungen positioniert.“

„Es gibt (in den Waldorfschulen) immer wieder überproportional viele Infektionen. An der Waldorfschule St. Georgen in Freiburg gab es einen Corona-Ausbruch mit 117 Infektionen. Von den 600 Schülern hatten 55 Maskenatteste, die laut ‚Tagesspiegel‘ fast alle ungültig waren. An der Überlinger Schule gab es sieben mal so viele Infektionen wie im Landesdurchschnitt.“

„Verschwörungstheorien gehören salopp gesagt zur DNA der Schriften Steiners. Das liegt daran, dass er fest davon überzeugt war, dass es wirkmächtige Geheimgesellschaften gebe, im Guten wie im Schlechten, …, ein internationales Netzwerk, dass sich vor dem Ersten Weltkrieg gegen Deutschland positioniert habe.“

„Konsequenterweise kritisierte Steiner immer wieder Parteien und Parlamente, er war halt im Kaiserreich sozialisiert. Dahinter steht das schon erwähnte grundlegende Problem: Es fällt im anthroposophischen Milieu wahnsinnig schwer, sich von problematischen Positionen Steiners grundsätzlich zu verabschieden. Insofern ist es für mich nicht wirklich überraschend, dass das Milieu für Impfkritiker, die sich auf Steiner berufen, immer wieder einen großen Echoraum bildet.“