3310: Wolfgang Kohlhase 90

Wolfgang Kohlhase war der bedeutendste deutsche Drehbuchautor nach 1945. Zuerst in der DDR, dann im vereinten Deutschland. Er ist 90 Jahre alt geworden. Zuletzt hat er Eugen Ruges Familienroman „In Zeiten abnehmenden Lichts“ (2017) in einen Film übersetzt (Matti Geschonnek). Er hatte vorher aber auch den Film nach Hermann Kants „Der Aufenthalt“ (1982) geschrieben. Kohlhase verzichtete auf die Hollywood-Schule des Drehbuchschreibens. Er gab seinen Charakteren die Zeit, sich zu erklären (z.B. in den Filmen Konrad Wolfs und Frank Beyers).

Seine Wurzeln lagen im Neo-Realismus (Vittorio de Sica, Luchino Visconti, Federico Fellini, Roberto Rossellini). Schauen wir in die Literatur, dann bei William Faulkner und Ernest Hemingway.

Wolfgang Kohlhase  ist ein Sozialist mit westlichen Wurzeln.

Er hat nie das Schicksal der „einfachen Leute“ aus den Augen verloren. „Der Ton existentieller Ratlosigkeit … ist selten in der DDR-Literatur der siebziger Jahre; und vielleicht wäre Kohlhase, wenn er ihn weiter verfeinert hätte, eine der wichtigsten schriftstellerischen Stimmen seines Landes geworden. Stattdessen blieb er der wichtigste deutsche Kinoautor.“ (Andreas Kilb, FAZ 13.3.21)