3178: 4 Europäische Filmpreise für Thomas Vinterbergs „Der Rausch“

Thomas Vinterbergs Film „Der Rausch“ bekommt viermal den Europäischen Filmpreis 2020 (Film, Regie, Drehbuch: mit Tobias Lindholm, bester Darsteller: Mads Mikkelsen). „Der Rausch“ erzählt von vier Männern, die einen ständigen Alkoholpegel vereinbaren, um zu testen, was mit ihnen und der Welt passiert. Mikkelsen spielt darin einen ausgebrannten Lehrer. Ein sehr aktueller Plot.

Der 1969 geborene Vinterberg hatte zu den Begründern der Dogma 95-Bewegung gehört. Sie wollte und will wahrhaftigere und direktere Filme machen und zeigen. Unter Fachleuten hat das viel Interesse gefunden. Ins Bewusstsein des Filmpublikums trat Vinterberg 1998 mit „Das Fest“, in dem von der Aufklärung eines Kindesmissbrauchs auf einem 60. Geburtstag berichtet wird. Der „Held“ wird von Ulrich Thomsen dargestellt, einem großartigen Schauspieler. Trine Dyrholm spielt eine Kellnerin. Der Film lässt sich auf Vorurteile ein und räumt mit ihnen auf. Er durchbricht das Kartell des Schweigens. Schmerzhaft. Er hat Anklänge an Gerhart Hauptmanns „Vor Sonnenuntergang“.

In Vinterbergs „Die Jagd“ (2012) war Mads Mikkelsen bereits der große Star, Lucas. Es geht um den Verdacht, dass der Erzieher die fünfjährige Tochter seines Freundes missbraucht hat. Das Mädchen hat eine Annäherung an Lucas versucht, der aber hat sie zurückgewiesen. Aus Enttäuschung wird er beschuldigt. Und siehe da, die Allgemeinheit ist empfänglich für „Hinweise“ und bereit, einen Mann ohne Beweise zu verurteilen. Vorurteile beherrschen die Welt. Und nur weil Lucas in der Lage ist, für seine Rehabilitierung – sogar mit Gewalt – vieles zu tun, gelingt ihm die Aufklärung und die Versöhnung mit seinem Freund. Vinterberg schenkt uns ein Happy End. Aber seine Analyse der Gesellschaft ist unerbittlich. „Das Fest“ hatte er zunächst „das Blut der Bourgeoisie“ nennen wollen (SZ 14.12.20).