3443: Ifo-Präsident: „Die Löhne müssen steigen.“

Im Interview mit Patrick Bernau und Maja Brankovic (FAS 13.6.21) äußert sich der Ifo-Präsident, Prof. Dr. Clemens Fuest, zur gesamtwirtschaftlichen Lage:

FAS: Sind nicht auch Arbeitskräfte knapp? Es scheint jedenfalls spätestens dann so, wenn man probiert, einen Handwerker für sich zu gewinnen.

Fuest: Ja, und das liegt nicht nur an der Pandemie, sondern auch an der Demographie. Die Zahl der Menschen im Erwerbsalter in Deutschland sinkt – das beschränkt auch das Wachstumspotential. Hier liegt eins der wichtigsten Themen für die Wirtschaftspolitik der nächsten 10 oder 20 Jahre.

FAS: Das heißt: Es werden Betriebe verschwinden, weil sie sich die hohen Löhne nicht mehr leisten können?

Fuest: Das ist bitter für die betroffenen Betriebe, aber ökonomisch richtig.

FAS: Auf jeden Fall werden die Staatshaushalte nicht mehr durch Zinssenkungen entlastet. Wie hält man sie trotzdem in Ordnung?

Fuest: Am besten, man setzt auf Wachstum. Da geht es um Investitionen und Innovationen, aber auch wieder um die Arbeitskräfte und die Demographie. Deshalb brauchen wir mehr Erwerbsanreize. In Deutschland gibt es durchaus ungenutzte Potentiale. Das betrifft vor allem die Zweitverdiener.

FAS: Das heißt, Sie plädieren für eine Abschaffung des Ehegattensplittings?

Fuest: Ja. Aber ich würde es nicht durch eine individuelle Besteuerung ersetzen, wie es einige fordern, sondern durch ein Realsplitting, bei dem man einen gewissen Betrag auf den Partner übertragen kann, der die Unterhaltspflichten reflektiert.