4715: Der Umgang der evangelischen Kirche mit sexueller Gewalt.

Es ist kaum zu glauben, wie lange sich die evangelische Kirche in Deutschland nicht mit der sexuellen Gewalt in den eigenen Reihen auseinandergesetzt hat. Wie lange Betroffenen nicht geglaubt und sie ausgeschlossen wurden. Es hat offenbar an einer Fehler- und Verantwortungskultur gefehlt. Sogar noch in letzter Zeit haben Bischöfe Verantwortung weggeschoben, behauptet Annette Zoch (SZ 3./4.2.24). Jetzt aber müssen die Perspektiven Betroffener ins Zentrum gerückt werden. Nicht nur die Kirchenleitungen müssen das dulden, sondern auch die Kirchenparlamente und die Kirchenbasis. Letztere ist entscheidend. Wenn es so erscheinen konnte, als stehe im Protestantismus im Gegensatz zur Hierarchie im Katholizismus die Freiheit des Einzelnen im Mittelpunkt, so hat sich das als Trugschluss erwiesen. Offenbar haben manche Pfarrer sogar ihre Macht zur Manipulation genutzt.

„Während längst nicht alle, aber doch viele Katholiken eine größere Distanz haben zu ihrem Führungspersonal, vielleicht sogar trotz Papst, Kurie und Episkopat noch in der Kirche sind, ist dies bei den Protestanten anders: Insgesamt haben Protestanten zwar eine deutlich geringere Bindung an ihre Kirche. Diejenigen, die sich aber noch engagieren, fühlen sich ihrem Führungspersonal enger verbunden. Das macht eine Auseinandersetzung mit Faktoren, die Missbrauch begünstigen, ungleich schwieriger. Aber eine Alternative dazu gibt es nicht.“