4034: Neuer „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ ?

Die Öffentlichkeit ändert sich seit geraumer Zeit mit Suchmaschinen, Plattformen und sozialen Medien. Ist das eine Krise der Demokratie, ein neuer „Strukturwandel der Öffentlichkeit“? Jürgen Habermas behauptet es.

Ein neuer Strukturwandel der Öffentlichkeit und die deliberative Politik. Berlin (Suhrkamp) 2022, 108 Seiten, 18 Euro.

In seiner 1962 erschienenen Habilitation hatte er den Übergang von der höfischen zur bürgerlichen Öffentlichkeit im 18. Jahrhundert untersucht. Mit Verlagen, Zeitungen und Zeitschriften. Habermas hat sich anscheinend gut in das von ihm untersuchte, neue Material eingearbeitet. Umständlich wie immer. Er registriert eine abnehmende Glaubwürdigkeit der Institutionen. Die politische Willensbildung wird gestört. „Die Lava dieses zugleich antiautoritären und egalitären Potentials, die im kalifornischen Gründergeist der frühen Jahre noch zu spüren war, ist im Silicon Valley alsbald zur libertären Grimasse weltbeherrschender Digitalkonzerne erstarrt.“

„Ein amerikanischer Präsident, ausgestattet mit einer Heerschar von Mitarbeitern und Pressesprechern, konnte bekanntlich vier Jahre lang mit seinem Smartphone in der Hand vom heimischen Badezimmer aus regieren.“ (Andreas Bernard, SZ 15.9.22)

Habermas schreibt, die neue Kommunikationssphäre könne „weder als öffentlich noch privat, sondern am ehesten als eine zur Öffentlichkeit aufgeblähte Sphäre einer bis dahin dem brieflichen Privatverkehr vorbehaltenen Kommunikation begriffen werden“.

Habermas wissenschaftliches Vorgehen und seine Schreibweise haben sich seit 1962 nicht geändert. Das ist bei einem 93-Jährigen nicht verwunderlich. Seine „bis ins Formelhafte begriffsgsättigte Sprache“ (Andreas Bernard) hat schon in den achtziger Jahren des 20. Jahrhundert Unbehagen ausgelöst.

Aber recht hat erwohl.