3692: Lisa Kötter: Die katholische Kirche ist nicht reformierbar.

Lisa Kötter gehörte einem Münsteraner Lesekreis katholischer Frauen der Gemeinde Heilig Kreuz an, der 2019 entstanden war, einer Reformgruppe. Sie glaubt nicht mehr an die Reformfähigkeit der Kirche und ist aus ihr ausgetreten (Interview mit Annette Zoch, SZ 23.12.21).

Kötter: Es gibt viele Gründe, warum ich diese Kirche verlassen habe. Einer davon war, dass mir diese Liturgie – einer steht vorne und zwar mindestens eine Stufe erhöht, diese Machtdemonstration ist in der katholischen Kirche ja sehr wichtig – immer fremder geworden ist. Vor zwei Jahren an Weihnachten haben wir uns stattdessen nachts, nachdem alle Messen vorbei waren, in einem kleinen Kreis in der Kirche getroffen. Wir haben uns vor die Krippe gesetzt, Texte gelesen, gesungen, ich hatte meine Gitarre mit. Wir haben gewissermaßen ein kleines Konzert gegeben, für Jesus zum Geburtstag. Für dieses ohnmächtige Kind, für die Liebe, die es auslöst. Das Gegenteil einer liturgischen Macht.

SZ: 2019 meinten Sie noch, ein Austritt sei für sie keine Option.

Kötter: Ja, ich habe das damals nicht für möglich gehalten. Ich dachte eben, das ist meine Heimat. Aber in diesen drei Jahren hat sich das verändert für mich, auch durch Berichte, Briefe und Gespräche mit vielen Kirchenprofis und Betroffenen von Machtmissbrauch. Ich bin inzwischen zutiefst davon überzeugt, dass sich diese römische Kirche nicht reformieren lässt. Weil sie auf Machtgenerierung und Machterhalt aufgebaut ist. Die römische Kirche in ihrer monarchischen verfasstheit, in diesem unheilvollen Spiel aus Gehorsam und Angst, ist für mich im Grunde ein Verrat an der Botschaft Jesu.

SZ: Mit Ihrem Austritt haben Sie der Kirche auch ihr Geld entzogen.

Kötter: Wir haben uns gefragt: Wie kann unser Geld direkt zu den Menschen kommen? Und haben deshalb den Verein „Umsteuern“ gegründet, mit dem wir zum Beispiel Selbsthilfegruppen, Betroffene sexualisierter Gewalt und Frauenhäuser unterstützen. Wir wollen nicht Verharren im Starren auf die Defizite der Kirche, sondern, um das biblische Bild zu bemühen, Sauerteig sein. Damit sich was ändert. Und katholisch im besten Wortsinn bin und bleibe ich. Ich bin getauft, das kann mir keiner nehmen.