3553: Kolesnikowa: 11 Jahre Straflager

Es scheint mittlerweile fast gesetzmäßig zu sein, dass große Diktaturen, die durch Willkür, Rechtlosigkeit und Gewalt gekennzeichnet sind, von ihren Satrapen in ihrer Brutalität noch übertroffen werden. So wie Russland von Weißrussland (Belarus). Das harte Urteil gegen die Musikerin Maria Kolesnikowa, die in Minsk ein Kulturzentrum leitet, auch in Deutschland studiert hatte und deutsch spricht, war von Beobachtern erwartet worden. Kolesnikowa bezeichnete das Urteil als einen Beweis für die Gesetzlosigkeit des „Polizeistaats“. Das Verfahren gegen sie und einen Mitangeklagten fand hinter geschlossenen Türen statt. Nur die Urteilsverkündung war wegen ihrer propagandistischen Wirkung öffentlich.

Kolesnikowas Anwälte wollen das Urteil vor dem Obersten Gericht anfechten. Sie war vor einem Jahr festgenommen worden, weil sie in der Demokratiebewegung gegen Alexander Lukaschenko mitgewirkt hatte. Andere Oppositionelle wie deren Anführerin Swetlana Tichanowskaja sahen sich zur Flucht ins Ausland gezwungen. Kolesnikowa hatte einen Koordinierungsrat mitbegründet, der die politische Krise auf friedliche Weise lösen und zu freien Wahlen beitragen sollte. Ihm gehörten Wirtschaftsexperten, Juristen, Gewerkschafter und Kulturschaffende an. Das erklärte Diktator Lukaschenko für verfassungswidrig.

Aussichten auf eine demokratische Entwicklung in Weißrussland gibt es kaum. Mehrere Parteien im deutschen Bundestag verurteilten die Gerichtsentscheidung in Minsk. Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) sagte, es handle sich um „ein brutales und politisch willkürliches Urteil des Unrechtsregimes Lukaschenko“ (Silke Bigalke, SZ 7.9.21).