642: Argentinien – Staatsbankrott und Soja-Terror

Wir deutschen Fußballfans kennen den argentinischen Fußball natürlich gut. Die bekannten und erfolgreichen Klubs wie

Boca Juniors, Velez Sarsfield, River Plate, Independiente, San Lorenzo, Estudiantes de la Plata (um nur einige zu nennen).

Auch die erfolgreichen Fußball-Generationen

1958 mit Angel Labruna (Corbatta schoss damals beim 1:3 gegen Deutschland in Schweden in den ersten Sekunden ein Ausnahmetor.),

1978 die Weltmeister um Mario Kempes,

in den achtziger und neunziger Jahren (des 20. Jahrhunderts) die Teams um Diego Maradona,

heute die Mannschaft mit Lionel Messi, die im Endspiel in Rio nur knapp gegen Deutschland verloren hat. Aber damit wird Argentinien leicht fertig.

Viel schwerwiegender ist die Tatsache, dass Argentinien vermutlich vor der zweiten Staatspleite innerhalb von zwanzig Jahren steht. 2005 wurden dem Land von seinen 81,80 Milliarden Dollar Schulden 43,4 Prozent erlassen. Eine Mehrheit der Besitzer von Staatsanleihen verzichtete auf ihre Forderungen. Aber ein Teil der Anleihen wurde von Hedgefonds gekauft, die nicht auf ihre Forderungen verzichten. Es geht um einen dreistelligen Milliardenbetrag. Falls Argentinien den nicht binnen 30 Tagen überweist, ist der nächste Staatsbankrott da (Mark Schieritz, Die Zeit 3.7.14).

Noch schlimmer ist es, dass auch in Ansätzen kein Konzept erkennbar ist, mit dem Argentinien seine wirtschaftlichen Probleme lösen will. Und da kommen auch wir Europäer ins Spiel. Denn ohne das aus Argentinien stammende Soja, mit dem Mastfleisch produziert wird, wären bei uns die Kühlregale nicht so voll. Der Soja-Export ist der wichtigste Devisenbringer für Argentinien.

Das führt zu blutigen Landkonflikten und enthemmter Gewalt, zu Morden und Gruppenvergewaltigungen. Etwa im weiten Nordwesten des Landes um die Stadt Inginiero Suarez. Die Leidtragenden sind die dort ansässigen indigenen Völker. Es gibt den Satz „Vamos a chinear“, wenn Weiße Indianermädchen suchen, gehen wir „chinesen“. Denn im rassistischen Slang der Region  heißen indigene Frauen „Chinesinnen“.

Der industrielle Soja-Anbau zerstört die Lebensgrundlagen der indigenen Völker, das Buschland. Es war früher das Weideland für hunderttausend Rinder. Das Land ist heute eine riesige Eiweißfutterfabrik. Einige wenige Bauern sind Millionäre geworden. Argentinien ist auf den Soja-Export angewiesen; denn nur damit können die Devisenreserven auf knapp unter 30 Milliarden Dollar gehalten werden. Partner bei der Ausbeutung des Landes sind Agrokonzerne wie Monsanto und Bayer. Alle verdienen an Soja.

Das soziale Gefüge Argentiniens geht aus den Fugen. Mitarbeiter von „Ärzte ohne Grenzen“, die immerhin Erfahrungen aus Ruanda haben, berichten, dass nirgendwo solche Verheerungen herrschen wie in Argentinien (Kriminalität, Analphabetismus, Kindersterblichkeit etc.). Die Menschen sind den Funktionären in den Kommunen und Provinzverwaltungen hilflos ausgesetzt (Stefan Biskamp, Die Welt 19.7.14).

Da hätte auch der Weltmeistertitel nichts geholfen.