3583: Daniel Kehlmann über Donald Trump

Der deutsche Schriftsteller Daniel Kehlmann („Die Vermessung der Welt“) lebt mit seiner Familie in Berlin. Er ist von Hannes Roß für den „Stern“ (9.9.2021) interviewt worden:

Stern: Sie sind nach einigen Jahren in den USA mit ihrer Familie nach Berlin gezogen. Während der Präsidentschaft von Donald Trump lebten Sie noch in New York. In dieser Zeit wurden ihm mehr als 22.000 Lügen und Falschbehauptungen nachgewiesen. Warum hat ihm das so wenig geschadet?

Kehlmann: Ich wünschte, ich könnte Ihnen das erklären, denn da sind ja nicht nur die Lügen seiner Präsidentschaft. Als Geschäftsmann ist er viermal in Konkurs gegangen, er ist ein überführter Steuerbetrüger und mit hoher Wahrscheinlichkeit sogar ein Vergewaltiger. Auch der gewaltsame Sturm auf das Kapitol und das anschließende Impeachment-Verfahren hat er überstanden. Wäre ich religiös, würde ich wirklich glauben: Trump hat einen Pakt mit dem Teufel geschlossen. Er hätte dann seine Seele gegen Unbesiegbarkeit getauscht. Am Anfang seiner Präsidentschaft hatte ich noch die Hoffnung, dass uns ein Herzinfarkt von ihm befreit, weil der Mann ja nur Fast Food isst und Cola trinkt. Aber selbst eine Corona-Infektion hat er innerhalb von wenigen Tagen weggesteckt.