638: Nächstenliebe und Sterbehilfe

Als Ratsvorsitzender hat Nikolaus Schneider die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) auf Kurs gebracht und sie wieder in relativ sichere Gewässer geführt. Dafür hat er zu Recht viel Anerkennung bekommen. Nun hat er bekanntgegeben, dass er schon im November 2014 von seinem Amt zurücktritt und nicht erst, wie geplant, 2015. Der Grund dafür ist die Brustkrebserkrankung seiner Frau Anne, der Schneider zur Seite stehen will, um notfalls helfen zu können (Mattias Drobinski, SZ 17.7.14). Schneiders Entscheidung verdient Respekt.

Am Beispiel des Ehepaars Schneider lässt sich sehr gut das Problem der Sterbehilfe erkennen. Denn Anne Schneider wünscht sich aktive Sterbehilfe, sollten ihr Leid und ihre Schmerzen unerträglich werden. „Ich hoffe, wenn ich an den Punkt kommen sollte, sterben zu wollen, dass mein Mann mich dann in die Schweiz begleitet.“ Nikolaus Schneider hat vorher klar bekannt, dass er gegen jede Form von organisierter Sterbehilfe ist. Er würde seine Frau aber begleiten – aus Liebe zu ihr.

Nikolaus Schneider lässt also keinen Zweifel an seiner politischen Position. Und schon 2007 hat er erklärt: „Eine grundsätzliche Entscheidung, ob und wie weit in einer konkreten Situation das Leisten oder das Verweigern von Sterbehilfe als Ausdruck christlicher Nächstenlieb verstanden werden kann, ist nicht ein für alle Mal zu treffen.“

M.E. ist auf dieser argumentativen Ebene eine ernste Auseinandersetzung mit der Sterbehilfe möglich. Sie ist in jedem Fall eine individuelle Entscheidung und verträgt keine grobschlächtige Betrachtung.