Innerhalb der letzten zehn Jahre ist die Zahl der Studenten an Fachhochschulen um 80 Prozent gestiegen. Auf 744 150. Die Fachhochschulen sind dadurch ein Erfolg (Johann Osel, SZ 30.8.12). Erfreulich sei es zudem, so Bundesbildungsministerin Annette Schavan, dass die Fachhochschulen auf dem Gebiet der Forschung immer stärker punkteten. Sie setzt sich für das Promotionsrecht der Fachhochschulen ein, das bisher ausschließlich Universitäten zusteht. Die Ministerin müssen wir wegen ihrer eigenen umstrittenen Promotion (Plagiatsvorwurf) 1980 an der Universität Düsseldorf (hier im Blog am 11.5.12) nicht zu den Experten für Doktorarbeiten zählen. Über ihre Arbeit entscheidet demnächst die Universität Düsseldorf.
Die Fachhochschulen entstanden vor gut vierzig Jahren hauptsächlich aus staatlichen Ingenieurschulen. Sie verfolgten zwei Ziele: 1. Beschleunigung des technischen Fortschritts, 2. akademische Bildung für breitere, eventuell bildungsfernere Schichten. Die Bologna-Reform, die, wie ich finde, abzulehnen ist, wurde zuletzt an vielen Fachhochschulen effizienter umgesetzt als an manchen Universitäten. In den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurden die Fachhochschulen auf die gleiche „tertiäre Bildungsebene“ gehoben wie die Universitäten. Allerdings ohne Promotionsrecht. Im Zuge der allgemeinen Gleichmacherei im Bildungssystem soll dieser Unterschied nun auch verschwinden.
Dagegen erhebt sich Widerspruch. Der Präsident der Hochschulrektoren (HRK), Horst Hippler, sagt: „Promotionen gehören an Universitäten.“ Und: „Es kann nicht sein, Promotion und Forschung auf billige Art und Weise zu bekommen.“ Bei seiner Wahl im Mai 2012 stimmte deswegen der Fachhochschulflügel gegen ihn.
Meines Erachtens haben wir nach den Skandalen mit den Plagiaten in den Dissertationen von Politikern und Prominenten (Guttenberg, Koch-Mehrin, Schatzimarkakis et alii) allen Grund die Promotionskultur in Deutschland zu hegen und zu pflegen. Insbesondere in einigen Fächern kann sie nachhaltig verbessert werden. Es geht in den Dissertationen ja stets um neue Erkenntnisse. Aber nicht nur das. Sondern es geht in den Doktorarbeiten, die wirklich wissenschaftlich gearbeitet sind, auch darum, die historische Entwicklung zu ergründen, vor allem aber, dadurch auch Innovations- und Veränderungsimpulse zu geben und nicht sklavisch an dem Bestehenden festzuhalten. Es geht häufig auch um das Überschreiten und Verbessern des Gegebenen. Das ist zu bestärken. Wer stets mit einem falsch verstandenen Begriff von „Praxis“ nur die Machtverhältnisse verfestigen und die Vergangenheit legitimieren will, ist wenig geeignet, wirklichen Fortschritt in der Wissenschaft zu befördern.
Gleichmacherei in der Wissenschaft und in der Bildung bringen nichts. Wenn fast alle Abitur machen, sind das Abitur und der dadurch erworbene Hochschulzugang nichts mehr wert. Wenn Promotionen aus gesellschaftlichen Gründen leichthin vergeben werden, taugen sie nichts mehr. Wenn die Wissenschaft zu stark an die „Praxis“ und damit an Unternehmen und ihre Verbände gekoppelt wird, verliert sie ihre Unabhängigkeit. Eine Zertifizierungspolitik mit unverantwortlichen Vergaben von Titeln etc. führt in die Irre.