Schirrmacher und Fleischhauer streiten über „linke Gesellschaftskritik“.

Jan Fleischhauer (Autor des Buches „Unter Linken – Von einem der aus Versehen konservativ wurde“) hat sich auf „Spiegel Online“ Frank Schirrmachers These (FAS 14.8.2011) vorgenommen, in der gegenwärtigen Krise der Finanzmärkte zeige sich wieder einmal die Analysekraft der „linken Gesellschaftskritik“.

Schirrmacher bezog sich darin auf den erzkonservativen Charles Moore im „Dauly Telegraph“. Nach ihm bedeute „Globalisierung“ heute, dass sich die Banken die Gewinne internationalen Erfolgs an sich rissen und die Verluste auf alle Steuerzahler verteilten. Der Kapitalismus, der angetreten sei, das Vorankommen von vielen zu ermöglichen, sei zu einem System pervertiert, das die wenigen bereichere.

Schirrmacher stimmt dem zu. Er spricht von den Vorgängen bei der Hypo Real Estate und reflektiert die in der CDU stattfindende Wertekrise. Das große Versprechen an individuellen Lebensmöglichkeiten habe sich in sein Gegenteil verkehrt. Er zitiert Moore: „Ihre Chancen für einen Job, für ein eigenes Haus, eine anständige Pension, einen guten Start für ihre Kinder, werden immer kleiner. Es ist, als ob man in einem Raum lebt, der immer mehr schrumpft. Für Menschen, die nach 1940 geboren wurden, ist dies eine völlig neue Erfahrung. Wenn es noch länger so weitergeht, wird sie ziemlich schrecklich werden.“

Dem widerspricht Jan Fleischhauer auf seine wenig zimperliche Art. Die Linke habe wenig mehr zu bieten als Neid und Ressentiments. Von Wirtschaft und Börse habe sie keine Ahnung. Dann kommt die entscheidende Stelle: „Am Beginn dieser Krise steht eine Politik des billigen Geldes, die erst dem Parkplatzwächter in Amerika zu einem Eigenheim verhalf und dann jedem zweiten Griechen zu einem Golf.“ Es sei genau dieses aus den Regierungszentralen orchestrierte Leben auf Pump, das die Grundlagen soliden Wirtschaftens korrumpierte und die Kreditwirtschaft an den Rand des Abgrunds führte.

Diskursiv nicht ungeschickt lobt Fleischhauer dann die Analyse von Karl Marx und von ehemaligen Marxisten wie Hans Magnus Enzensberger, um dann zu seiner Conclusio zu kommen. Er findet sie am Beispiel Großbritanniens. Vor 30 Jahren habe sich das Land in einer Lage befunden wie heute Griechenland. In einer Pleite nämlich. Dann sei Margaret Thatcher gekommen und habe das Land mit ihrer rigorosen Sparpolitik wieder auf Erfolgskurs gebracht. Das hält Fleischhauer für vorbildlich.

Damit stellt er uns vor das klassische Pest-und-Cholera-Problem. Entweder die Finanzmärkte unkontrolliert weitermachen zu lassen und die Gesellschaft nach der Methode Thatcher in die Zerklüftungen und Zerrüttungen der Klassengesellschaft zu treiben oder Schuldenpolitik der Linken zu bevorzugen, die permanent die Staatsfinanzen überfordert und damit ähnliche Folgen zeitigt. Da taucht dann die alte und immer wieder neue Frage nach einem dritten Weg auf. Sie ist bekanntlich nicht zu beantworten. Deswegen sehe ich hauptsächlich in der Beendigung der Schuldenpolitik den richtigen Weg. Er bringt viele soziale Härten mit sich. Aber er ist am ehesten in der Lage, ein Überleben der europäischen Gesellschaft zu gewährleisten. Die Modelle China, Russland und Amerika taugen nicht für uns.

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