In der DDR waren Adoptionen ohne Einwilligung der Eltern nach dem „Asozialenparagraphen“ des Strafgesetzbuchs möglich. Die Kinder wurden den Eltern weggenommen und kamen in Heime oder in „linientreue“ Adoptionsfamilien. Das war häufig nach misslungenen Fluchtversuchen oder nicht genehmigten Ausreisen der Fall. Hunderte Opfer solcher Zwangsadoptionen suchen heute noch nach ihren Angehörigen. Die sind meistens schwer zu finden, weil die DDR in solchen Fällen äußerst diskret und konspirativ vorging. Deswegen ist auch keine genaue Zahl der Adoptionen bekannt. Das ganze System basierte auf Uneindeutigkeit.
Für die adoptierten Kinder begann in der Regel ein Weg in die Einsamkeit und innere Zerrissenheit. In vielen Fällen fehlte ein innerer Kompass zur Gestaltung eines eigenen Lebens. Inzwischen gibt es ein Internetforum, über das Opfer nach Eltern, Kindern und Geschwistern suchen können. Die Geschichten in dem Forum lesen sich wie eine Einführung in die seelische Grausamkeit. Es hat Frauen gegeben, denen die Ärzte im Kreißsaal erzählten, ihr Baby sei bei der Geburt gestorben, die Leiche sei zu Forschungszwecken freigegeben, einen Totenschein oder eine Beerdigung gebe es nicht.
Seit 1990 gilt das Recht der Bundesrepublik. Im Einigungsvertrag sind die Adoptionen ohne Einwilligung der Eltern vergessen worden. Das Recht geht davon aus, dass eine Adoption nur mit Einwilligung der Eltern möglich war. Das bedeutet, dass die Akten für die Eltern für 50 Jahre gesperrt sind. Adoptierte Kinder haben ein „Teileinblicksrecht“ und damit die Chance, ihre Eltern zu finden. Wenn sie denn wissen, dass sie adoptiert wurden. Auf den Ämtern sitzen manchmal die Sachbearbeiter, die schon vor 25 Jahren die Zwangsadoption „betreut“ haben. Eine sehr unbefriedigende und für die Betroffenen schier unerträgliche Lage, die der real existierende Sozialismus hier hinterlassen hat.