Über den Bau der Mauer am 13. August 1961 durch die DDR sind auch heute noch Legenden im Umlauf. In einem Beitrag in der SZ (12.8.) rückt ihnen der Berliner Theologe Richard Schröder (SPD), einer der besten Analytiker der DDR nach 1989, zu Leibe. Da bleibt von ihnen nicht mehr viel übrig.
Die Mauer konnte kein „antifschistischer Schutzwall“ sein, weil sie für die DDR-Bürger die Funktion einer Gefängnismauer hatte. Die Menschen wurden von der Mauer eingesperrt. Einmal ganz abgesehen davon, was in der DDR für ein Begriff von „Antifaschismus“ verordnet war. Das war ein Begriff, der die Auseinandersetzung mit dem Faschismus (Nationalsozialismus) gerade verhindert hat. Heute nimmt wohl keiner mehr für die Mauer in Anspruch, sie habe einen Krieg und einen militärischen Überfall auf die DDR verhindert. Ob die These diskutabel ist, dass die Mauer ein Symbol dafür war, dass die Sowjetunion und die DDR eine nur in Maßen aggressive Politik betreiben wollten, ist m.E. nicht geklärt.
Immerhin wird durch die Annahme, durch die Mauer sei die DDR ökonomisch stabilisiert worden, eingeräumt, dass dadurch eine Massenflucht verhindert werden sollte, die im Sommer 1961 ja bereits im Gange war. Der DDR war es nicht gelungen, die Fluchtgründe zu beseitigen, da hat sie eben die Fluchtmöglichkeiten behindert. Der realsozialistische Staat DDR wäre ohne die Mauer gar nicht so lange existenzfähig gewesen. Die Fachkräfte liefen weg. Das konnte die Partei- und Staatsführung nicht zulassen. Sie hat in der Freiheit von Menschen nie ein Ziel gesehen. Schließlich war sie sogar bereit, ihre politischen Häftlinge gegen Devisen zu verkaufen.
Es waren die Entspannungs- und Vertragspolitik der Bundesregierungen, vor allem aber der Mut und die Entschlossenheit ostdeutscher Bürgerrechtler und Demonstranten, die zum Fall der Mauer 1989, zum Sturz Erich Honeckers und zum Ende der DDR geführt haben. „Zum ersten Mal in der deutschen Geschichte haben Einheit, Freiheit und Frieden mit allen Nachbarn zusammengefunden.“
Heute gedenken wir der Opfer der DDR und der Toten an der Mauer.