Die Skandalgeschichte der Fifa geht weiter. Der mit 186 von 203 Stimmen zum Präsidenten wiedergewählte Joseph Blatter hat intern zwei Ethikkommissionen etabliert. In einer davon arbeitet Henry Kissinger, der aus Deutschland stammende ehemalige US-Außenminister mit. Anscheinend sollen die Korruptionsvorwürfe gegen die Fifa geprüft werden. Bei der bisher von Blatter eingesetzten Ethik-Kommission war nichts herausgekommen außer neuen Korruptionsvorwürfen.
Bei der Wahl 1998 setzte sich Blatter gegen Lennart Johannsson (Schweden) durch, den seinerzeitigen Uefa-Präsidenten. In der Nacht vor der Wahl erhielten afrikanische Delegierte je 50.000 Dollar bar auf die Hand. Blatter erklärte, es habe sich um „notleidende Verbände“ gehandelt. Später konnte er sich nicht mehr erinnern. In der „Süddeutschen Zeitung“ vom 1./2. Juni und vom 3. Juni 2011 bereiten Thomas Kistner und Claudio Catuogno nicht zum ersten Mal die bisher bekannten Informationen, im Wesentlichen Vorwürfe, auf. U.a. berichten sie von einem somalischen Funktionär, der 25.000 Dollar von Blatters Privatkonto erhalten hat, um gegen andere afrikanische Delegierte auszusagen.
2002 zeigten elf von 24 Fifa-Vorstandsmitgliedern Blatter wegen Misswirtschaft und Amtsmissbrauch an, nachdem Generalsekretär Michel Zen-Ruffinen ein Dossier über Blatters Amtsführung vorgelegt hatte. Die Anklage wurde niedergeschlagen. Blatter: „Die Fifa bietet Erziehungsarbeit für alle Gesellschaftsschichten, sie ist eine Lebensschule.“
2007 bootete die Fifa ihren langjährigen Sponsor Mastercard gegen Visa nicht ganz einwandfrei aus. Die Fifa musste einem 105-Millionen-Dollar-Vergleich zustimmen. Marketing-Chef Jerome Valcke wurde kaltgestellt. Kurz darauf machte ihn Blatter zum Generalsekretär.
2010 wurden – in der Folge einer Rechteagentur-Pleite – Schwarzgeldzahlungen an hohe Fifa-Funktionäre gerichtskundig, von denen Blatter selbst nichts gewusst haben will.
Beim Fifa-Kongress 2011 waren mehrere asiatische Fußball-Verbände vorher abgereist, weil Blatters Konkurrent Mohammed bin Hamam aus Katar sich wegen angeblicher Bestechung gezwungen gesehen hatte, seine Kandidatur zurückzuziehen. Gemeinsam mit dem Vorstandsmitglied Jack Warner (Trinidad/Tobago), der 30 Tage aus dem Verkehr gezogen wurde, soll bin Hamam 25 karibischen Fußballverbänden jeweils 40.000 Dollar zugesteckt haben, damit diese Blatters Gegenkandidaten wählen. Nach Meinung der Ethikkommission hat Joseph Blatter nichts gewusst. Unbestritten ist demgegenüber, dass Blatter selbst dem Kontinentalverband für Nord- und Mittelamerika (Concadaf) beim Kongress in Miami eine Million Dollar „zur freien Verwendung“ zugeleitet hat. Nach Blatters Meinung hat er dazu das Recht. Allerdings ist es eigentlich verboten, während des Wahlkampfs Fifa-Gelder einzusetzen. Generalsekretär Jerome Valcke, laut Fifa-Statut zu strikter Neutralität verpflichtet, hatte Jack Warner aufgefordert, die Unterstützung der Concadaf für Blatter zu verkünden.
So können wir uns vorstellen, wie Blatters Wahl zustandegekommen ist.
Blatter hatte auf dem Kongress mehr Transparenz versprochen. Er überraschte die Delegierten mit drei Beschlussvorlagen, die gemeinsam binnen 15 Sekunden wie im Fernsehen abzustimmen waren. a) Die Fußball-WM wird künftig vom Fifa-Kongress vergegen, der Vorstand hat nur noch ein Vorschlagsrecht. b) Eine „Lösungs-Kommission“ soll „Anklagen intensiv nachgehen“. c) Hinzu kommt eine mit Ermittlern besetzte neue Ethik-Kommission.
Ins Fifa-Exekutiv-Komitee eingezogen ist auch der DFB-Präsident Theo Zwanziger. Er ist einer der Haupt-Verbündeten von Joseph Blatter. Dazu schreibt Thomas Kistner in der SZ am 1./2.6.2011: „Dass der DFB einem Mann die Steigbügel hält, der sein selbstkreiertes Chaos bis ins achtzigste Lebensjahr verwalten will, ist beschämend. Ein vorausschauender Verband sollte an Englands Seite für die Verschiebung der Wahl eintreten, über die längst die ganze Welt lacht.“