Archive for the ‘Uncategorized’ Category

3837: Dietmar Bartsch bleibt Linken-Fraktionschef.

Mittwoch, April 27th, 2022

Der Fraktionsvorstand der Linken im Bundestag wird zunächst nicht neu gewählt. Das teilte der Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch mit, der gemeinsam mit Amira Mohamed Ali die Fraktion leitet. „Es gibt aus meiner Sicht dafür auch keinen Grund.“ Der Parteivorstand wird nach dem Rücktritt von Susanne Hennig-Wellsow Ende Juni neu gewählt. Ob die noch im Amt befindliche Co-Vorsitzende Janine Wissler, an der scharfe Kritik geübt wird, dann wieder kandidiert, ist noch offen. Die Linke befindet sich nach schlechten Wahlergebnissen in der Krise (SZ 27.4.22).

3836: EKD hat Probleme mit der Aufarbeitung sexueller Gewalt.

Mittwoch, April 27th, 2022

Die EKD hat ein neues Modell der Betroffenheitsbeteiligung beschlossen: das „Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt“. Sprecher ist der Braunschweiger Landesbischof Christoph Meyns. Der alte Betroffenenbeirat wurde aufgelöst. Dort gab es massiven Streit. „Ziel des neuen Beteiligungsforums ist die verbindliche Mitwirkung von Betroffenen an Entscheidungen und Maßnahmen zum Schutz vor und zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt.“ Dort sitzen Betroffene direkt mit Kirchenvertretern an einem Tisch. Katharina Kracht gehörte dem alten Beirat an: „Ich bin praktisch aus dem Betroffenenbeirat rausgeschmissen worden. Das macht die EKD mit kritischen Betroffenen.“ Sie wurde nicht mehr eingeladen. Sie kritisiert, dass sechs von acht Betroffenen in einem Dienst- oder Anstellungsverhältnis bei einer Landeskirche stehen. „Es ist absolut fragwürdig, wie es so zu unabhängigen Entscheidungsprozessen kommen soll.“ Die Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), Kerstin Claus, äußerte sich skeptisch zu den Bemühungen der EKD (Annette Zoch, SZ 26.4.22).

3835: Das Problem ist die SPD.

Dienstag, April 26th, 2022

Kein ernstzunehmender Analytiker bezweifelt, dass die Ukraine, um sich gegen den russischen Vernichtungskrieg wehren zu können, „schwere Waffen“, also vor allem Kampfpanzer (Leo 1), Schützenpanzer (Marder), Patrouillenfahrzeuge (Dingo), Mannschaftstransporter (Fuchs), Brückenleger (Biber) und Räumpanzer (Büffel) benötigt. Außer bei der SPD. Dort hängt ein großer Teil der Partei noch der veralteten und widerlegten These an, dass der Nachkrieg friedlicher werde, je weniger man liefere. Für die SPD-Vorsitzende Saskia Esken steht Panzerlieferung „derzeit nicht zur Debatte“. „Für Wartung und Reparatur sind Ersatzteile notwendig, die wir nicht mitliefern können, und es sind auch Monteure nötig.“

Ja, unsere Montagespezialisten von der SPD.

Grüne und FDP sind für Panzerlieferungen. Minister Robert Habeck wünscht sich, „dass Deutschland sich in der Stärke der Einheit der letzten Tage und Wochen wieder zusammenfindet und auch geschlossen und gemeinsam der Bundestag abstimmen kann“. Die Grünen-Vorsitzende Bianca Lang bemüht sich, eine Hand Richtung Union auszustrecken und den Toni Hofreiter zu bändigen. Das ist die richtige Politik. Was möchte eigentlich Olaf Scholz?

(Constanze von Bullion, Nico Fried, Paul-Anton Krüger. SZ 26.4.22)

3834: Michael Buback: 33 von 34 RAF-Verbrechen sind ungeklärt.

Sonntag, April 24th, 2022

Michael Buback habe ich kennengelernt als Tennisspieler bei Punktspielen seines Vereins SV Eddigehausen mit meinem, SV Groß Ellershausen-Hetjershausen, zwei Vereinen aus Vororten Göttingens, in der Bezirksliga des Niedersächsischen Tennisverbands. Er war ein sehr guter und erfolgreicher Spieler und gewann seine beiden Einzel und Doppel (in zwei Spielzeiten) gegen unsere besten Spieler. Außerdem war er sehr bescheiden und freundlich und allseits beliebt. Er war damals  (bis 2012) Professor für Technische und Makromolekulare Chemie an der Universität Göttingen.

Sein Vater, der Generalbundesanwalt Siegfried Buback; wurde am 7. April 1977 in Karlsruhe von der RAF ermordet.

Geklärt ist der Mord bis heute nicht, obwohl auch Michael Buback sich für die Aufklärung sehr eingesetzt hatte. Das bekräftigt er in einem Interview mit Detlef Esslinger (SZ 23./24.4.22). Bis heute hat Michael Buback zwei Bücher darüber geschrieben: „Der zweite Tod meines Vaters“ (2008) und „Der General muss weg“ (2020, gemeinsam mit seiner Frau Elisabeth). Die für den Mord verurteilten Knut Folkerts, Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt waren überhaupt nicht am Tatort. Die Tat wurde von zwei Mördern auf einem Motorrad begangen. Möglicherweise war es für die Bundesrepublik Deutschland besser, dass überhaupt offiziell Mörder verurteilt wurden.

Michael Buback verdächtigt Verena Becker als Täterin. Haarspuren aus ihrer Haarbürste sind mit einer Haarspur aus einem Motorradhelm von der Tat identisch. Sie besaß die Tatwaffe und hatte bei ihrer Verhaftung bei sich einen Schraubenzieher, wie er als einziges Werkzeug aus dem Bordset des Tatmotorrads fehlte.

Aber Verena Becker war Informantin des Verfassungsschutzes.

Insofern war es wohl das kleinere Übel, andere als Täter zu benennen. Ermordet wurden der Dresdener Bank-Chef Jürgen Ponto und der Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer.

Michael Buback sagt: „Übrigens, von den 34 der RAF zugerechneten Verbrechen sind 33 nicht aufgeklärt. Bei der einen Ausnahme war kein Ermittlungswaufwand nötig – weil Frau Ponto Tat und Täter vom Nebenzimmer aus sah. Diese Häufung finde ich besorgniserregend.“

 

3833: Vergewaltigungen werden meistens nicht befohlen.

Freitag, April 22nd, 2022

Christina Berndt interviewt angesichts des Krieges in der Ukraine in der SZ (9./10.4.) den Neuropsycholgen Thomas Elbert, der an der Universität Konstanz über die Psychologie der Gewalt in Kriegen forscht.

SZ: Vergewaltigungen erscheinen als spezielle Form von Gewalt, mit der man demütigen, Familien zerstören und womöglich gar den Genozid befördern will. Ist so etwas von oben geplant?

Elbert: Vergewaltigungen gibt es in jedem Krieg. Aber sie werden meist nicht von oben befohlen. Wir haben in unseren Studien Leute, die im Krieg vergewaltigt haben, gefragt, ob ihnen ihr Commander das befohlen hat. Aber es hieß meistens, die Commander hätten es nur toleriert. Vergewaltigungen scheinen bei jungen Männern, die unter Stress stehen, keine Befriedigung in sozialen Beziehungen finden, sexuell depriviert sind und bei denen die Hemmschwellen ohnehin schon niedergerissen sind, eher die Regel zu sein als die Ausnahme.

3832: Rücktritt der Linken-Vorsitzenden

Donnerstag, April 21st, 2022

Der Rücktritt der Linken-Vorsitzenden Susanne Henning-Welsow, einer erfahrenen und bewährten Politikerin, hat auch private Gründe. Ihren achtjährigen Sohn. Aber nur am Rande. Im Kern ist es eine Kapitulation vor der Partei in einer existentielken Krise der Partei. Die hat schwerste Wahlniederlagen im Bund und im Saarland erlitten. Die meiste Kraft verwenden die Mitglieder für den internen Machterhalt. Ost und West haben nie zusammengefunden. Nun kann sich die Partei, viele alte Kommunisten, nicht auf die Beurteilung

Wladimir Putins

einigen. Es kommen Sexismus-Vorwürfe hinzu, gegen die Janine Wissler, die andere Vorsitzende, in Hessen nicht vorgegangen sein soll. Die Partei braucht dringend eine Erneuerung, um eine klare Linie zu finden. Aber davor herrscht Angst, weil nicht mehr genug Sitze gewonnen wurden (Moritz Baumann/Philipp Saul, SZ 21.4.22; Jens Schneider, SZ 21.4.22)-

W.S.: Wäre es eigentlich schade, wenn die Linke verschwinden würde?

3831: Joschka Fischer: Wir müssen erwachsen werden.

Mittwoch, April 20th, 2022

In einem Interview mit Peter Unfried (taz 16./17./18.4.22) spricht Ex-Außenminister Joschka Fischer (Grüne) über unsere Gegenwart. Er sagt:

„Wir lebten in einer Welt umgeben von Freunden. Wir bedrohten niemanden mehr, uns bedrohte niemand mehr. Das war eine

große Illusion.

Zudem hat der Aufstieg Chinas große Nachfrage nach deutschen Industrieprodukten, Autos, Maschinen, etcetera. gebracht. Das hat uns vergessen lassen, dass das alte Technologien des 20. Jahrhunderts sind. Wir haben 30 Jahre eine Illusion gesponnen, und die ist jetzt geplatzt. Breite Teile der Gesellschaft haben unter dem Pandemieschock gemerkt: hey, warum sind wir nicht in der Lage, eine normale digitale Struktur zu entwickeln, was ist aus den deutschen Unternehmen in diesen Bereichen geworden? Wir müssen jetzt

im Schnellgang erwachsen werden,

und dafür werden wir einen Preis bezahlen. Die historisch bedingte Auszeit ist beendet.“

3830: „Zeitenwende“ à la Scholz

Mittwoch, April 20th, 2022

Vielleicht hat Olaf Scholz (SPD) selbst den Eindruck, mit dem Ausrufen der „Zeitenwende“ am 24.2.22 bereits eine historische Tat vollbracht zu haben. Aber während die Ukraine auf deutsche Panzer wartet, erweckt unser Kanzler das Bild größter Ruhe. „Methode Scholz“. Als Ziel hat er selbst benannt, dass Russland in der Ukraine nicht „gewinnen“ darf. Das bedeutet auch, dass die Ukraine in die Lage versetzt werden muss, Regionen wie die von Kiew wieder „befreien“ zu können.

Problematisch ist natürlich die SPD, die mit dem Verlust alter Gewissheiten hadert. „In Teilen der SPD hält sich die Überzeugung, weniger Waffen für die Ukraine könnten Deutschland mehr Siicherheit bringen.“ Scholz und die SPD glauben, dass jeder ukrainische Erfolg Wladimir Putin noch gefährlicher macht. „Die historische Leistung von Olaf Schiolz wird darin bestehen müssen, die SPD, die Ampelkoalition und die deutsche Politik zu wappnen für ein atomar bewaffnetes, imperialistisches und das Völkerrecht verachtendes Russland. Scheitert er, wäre es eine Katastrophe. Nicht nur für Scholz, nicht nur für die Ampel und nicht nur für Deutschland.“

(Daniel Brössler, SZ 20.4.22)

3829: Die SPD hat nicht nur Probleme mit Russland, sondern auch mit den USA.

Montag, April 18th, 2022

1. Ich kenne nicht wenige Leute, die angesichts des Desasters, das die Union von sich verbreitet hatte, froh waren, dass die SPD 2021 überraschenderweise wieder die Bundesregierung führen konnte.

2. Mittlerweile haben wir einen Bundeskanzler, der sich genau so unklar äußert wie Angela Merkel. Bis vor kurzem hatte er Nord Stream 2 noch nicht als das erkannt, was es war.

3. Der Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich, ein Gegner der USA, spricht davon, dass wir uns von der „Geißel der nuklearen Abschreckung“ durch die USA befreien müssten.

4. Alt-Politiker Klaus von Dohnanyi verlangt, dass Deutschland genau so viel Abstand zu den USA halten müsse wie zu Russland. Die USA und die Nato könnten Deutschland nicht schützen.

5. Dazu der CSU-Generalsekretär Stephan Mayer: „Die Amerikaner stehen uns kulturell viel näher als Russland, und sicherheitspolitisch sind sie für Deutschland von überragender Bedeutung. Dass man beide Länder auf gleiucher Länge halten sollte, widerstrebt mir zutiefst.“

6. Den Vogel schießt ein Hintersasse aus der DDR ab, Mathhias Platzeck, der sogar einmal SPD-Vorsitzender war. Er vergleicht die Präsenz der Nato im Baltikum mit dem Angriffskrieg der Nazis.

7. Bei Nato-Manövern im Baltikum sprach der heutige Bundespräsident Frank Walter Steinmeier einmal von „Säbelrasseln“ und „Kriegsgeheul“. Er wurde mehrfach scharf kritisiert von US-Senator John McCain (u.a. auf der Münchener Sicherheitskonferenz). Dazu Steinmeier: „Wenn du nur einen Hammer in der Hand hast, sieht jedes Problem wie ein Nagel aus.“

8. Es gibt in der SPD auch überzeugte Atlantiker wie Hubertus Heil und Sigmar Gabriel, den Vorsitzenden der Atlantik-Brücke.

9. Begonnen haben die USA-Probleme der SPD mit der Friedensbewegung in den achtziger Jahren. Die zelebrierte einen „habituellen Pazifismus“, der bis auf den heutigen Tag viel Schaden anrichtet, wie jetzt viele erkennen können. Willy Brandt hatte mit den USA keine Probleme.

(Morten Freidel, FAS 17.4.22)

W.S.: Insgesamt eine Ansammlung von gruseligen SPD-Politikern in Bezug auf die USA. Ach ja, in der Russland-Politik hat die SPD auch vollkommen versagt. Wozu führt sie dann die Bundesregierung an?

 

3828: Deglobalisierung

Samstag, April 16th, 2022

1. Angesichts so fürchterlicher Vernictungskriege wie dem von Russland gegen die Ukraine wächst ein Empfinden dafür, dass die Welt zerfallen kann.

2. Der Westen hat statt friedlicher Nachbarn Monster genährt.

3. Die Globalisierung wird von Linken und Rechten bekämpft. Letztere fürchten den „Globalismus“ der „neuen Weltordnung“.

4. Es erleichtert die Vorstellung, Weltbürger zu sein, wenn die Flugtickets billig sind.

5. Nicht nur Wladimir Putin ist politisch gefährlich. Der arabische Frühling ist gescheitert, Erdogan hat die Türkei zu einer Diktatur gemacht und der saudi-arabische Kronprinz ließ den Journalisten Jamal Kashoggi ermorden.

6. Im Westen hat ein Banause wie Donald Trump gezeigt, wie gefährdet eine menschenrechtlich begründete Ordnung ist.

7. Immer mehr Staaten schotten sich durch Protektionismus und Sanktionen vom Westen ab.

8. Ein arabischer Politologe: „Der Westen besitzt ein Maß an Hybris und Arroganz, das auf einer vermeintlichen moralischen Überlegenheit beruht. Diese vermeintliche moralische Überlegenheit wird hier als Fortsetzung der Ansprüche des europäischen Kolonialismus betrachtet.“

(Jörg Häntzschel, SZ 4.4.22)