Archive for the ‘Uncategorized’ Category

4587: ARD und ZDF: Eine Beitragserhöhung wird es 2025 wohl nicht geben.

Sonntag, November 19th, 2023

Die „Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ (KEF) schlägt für Anfang 2025 eine Rundfunk-Beitragserhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro vor. Dazu wird es angesichts der vielen Skandale bei ARD und ZDF wohl nicht kommen. Schon beim letzten Mal konnte die Blockade Sachsen-Anhalts (unter Führung von Reiner Haseloff, CDU) nur mit Hilfe des Bundesverfassungsgerichts gebrochen werden. Nun, das sind unsere Ossis, die noch nicht den Wert der Rundfunkfreiheit begriffen haben. Das dauert noch. Tatsächlich behindern der RBB-Skandal um Patricia Schlesinger, die Diskussionen um Boni, Baukosten und luxuriöse Intendantengehäter eine flotte und schlüssige Entscheidung. Außerdem finden 2024 in Sachsen, Brandenburg und Thüringen Landtagswahlen statt. Natürlich hätte beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk schon lange gespart werden können. Vor allem durch Senderzusammenlegungen. Der sächsische Staatskanzleichef, Oliver Schenk (CDU), hat deshalb vorgeschlagen, die Entscheidung über die Erhöhung des Rundfunkbeitrags um ein paar Monate zu verschieben (Claudia Tieschky, SZ 18./19.11.23).

4467: Die Grünen haben es schwer.

Freitag, September 1st, 2023

1. Die Grünen machen seit Jahrzehnten auf dem wichtigsten politischen Feld, der Ökologie, die richtige Politik, ohne dass zunächst alle mitmachen wollten.

2. Auch heute gibt es noch Widerstand bei der AfD, den freien Wählern, Reichsbürgern, Coronaleugnern usw.

3. Inzwischen haben sich die Grünen in eine Zange manövriert: während ein großer Teil der Bevölkerung nach dem Gebäudeenergiegesetz die Klimapolitik ablehnt, geht sie den Umweltverbänden nicht weit genug.

4. Vor den Landtagswahlen in Bayern und Hessen am 8. Oktober 2023 ist die FDP ein schwerer Gegner der Grünen, weil sie in den letzten Wahlen so schwach geworden ist, dass sie fast kein Selbstbewusstsein mehr hat.

5. Zuspruch erfährt die FDP aber von Bundeskanzler Olaf Scholz, der sie braucht, um CDU und CSU niederzuhalten und weil nur ein zufriedene FDP ihm bei den nächsten Bundestagswahlen eine Verlängerung der Ampelkoalition verspricht.

6. Der anhaltende Koalitionsstreit zwischen Grünen und FDP resultiert aus dem eigentlichen Kardinalproblem dieser Koalition, nämlich der Diskrepanz zwischen individuellem – und Gesellschaftsinteresse und Gegenwartsfixierung und Zukunftsorientierung.

7. Ein sehr großer Teil der Bevölkerung misstraut inzwischen dieser Regierung.

8. Bremser sind zudem die destruktiven Teile der FDP um den stellvertretenden Bundestagspräsidenten Wolfgang Kubicki. Das geschieht mit Duldung durch Parteichef Christian Lindner.

9. Schwerer wird es für die Grünen, weil die Strategie des Heraushaltens von Bundeskanzler Olaf Scholz jetzt schon gescheitert ist (Albrecht von Lucke, taz 26.8. bis 1.9.23).

4376: Friedenspreis des deutschen Buchhandels für Salman Rushdie

Dienstag, Juni 20th, 2023

Den Friedenspreis des deutschen Buchhandels erhält in diesem Jahr der britisch-indische Autor Salman Rushdie, 76. Seit den „Satanischen Versen“ wurde er von religiösen muslimischen und hinduistischen Fanatikern mit dem Tode bedroht. 2022 wurde ein Mordanschlag auf ihn verübt, den er nur knapp überlebte. Der Stiftungsrat des Friedenspreises des deutschen Buchhandels teilte mit, dass Rushdie den Preis erhalte „für seine Unbeugsamkeit, seine Lebensbejahung und dafür, dass er mit seiner Erzählfreude die Welt bereichert“ (SZ 20.6.23).

3844: Antisemitismus in der russischen Propaganda

Dienstag, Mai 3rd, 2022

Der russische Außenminister Sergej Lawrow, einer der engsten Mitarbeiter Wladimir Putins, hat dem kleinen italienischen Fernsehsender Rete 4 aus dem Medienimperium Berlusconis ein Interview zum russischen Überfall auf die Ukraine gegeben. Silvio Berlusconi war einer der besten Freund Putins im Westen. Sie haben sogar gemeinsam Urlaub gemacht. Wie üblich wiederholt Lawrow zunächst die gängigen

Lügen:

vom Staatstreich in Kiew 2014, von der „Nazifizierung“ der Ukraine, von der von außen gesteuerten Machterlangung Wolodimir Selenskijs. Auf die Frage, wie die Ukraine Nazis nahestehen könne, wo Selenskij doch selbst Jude sei, antwortete Lawrow: „Dass Selenskij Jude ist, will nichts heißen. Wenn ich nicht irre, hatte Hitler auch jüdisches Blut, das bedeutet also nichts. Das weise jüdische Volk sagt von sich, dass die Juden selbst oft die größten Antisemiten sind.“ Das hat für Empörung gesorgt. Vor allen Dingen in Israel. Der national-konservative Premierminister Naftali Bennett wies Lawrows Aussage scharf zurück. Der Leiter der Gedenkstätte Yad Vashem, Dani Dajan, nannte Lawrows Aussage „absurd, wahnhaft, gefährlich und verachtenswert“. Außenminister Jair Lapid sprach von „unverzeihlichen, skandalösen Äußerungen und einem schrecklichen historischen Fehler“.

In Italien findet Russland unter westlichen Staaten die stärkste Unterstützung. Vor allem bei der „Lega“ und bei „Cinque Stelle“ sowie in der Talkshows des Berlusconi-Medienimperiums. Berlusconi brauchte fünf Wochen, um seine „tiefe Enttäuschung“ über den russischen Überfall auf die Ukraine zum Ausdruck zu bringen (Oliver Meiler/ Peter Münch, SZ 3.5.22).

3843: Strack-Zimmermann: „Zynische Verdrehung der Realität“

Dienstag, Mai 3rd, 2022

In einem Interview mit Peter Fahrenholz (SZ 3.5.22) äußert sich die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestags, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), unmissverständlich zu dem offenen Brief einiger Publizisten, die sich wohl als Intellektuelle sehen. Sie entstammen, wie es üblich zu werden scheint, aus linken und feministischen Kreisen bis hin zu Holocaust-Verharmlosern und Gegnern des Denkmals für die ermordeten Juden in Berlin.

Strack-Zimmermann: Das können nur Leute sagen, die, entschuldigen Sie die Wortwahl, mit dem Hintern im Warmen sitzen. Ich habe dafür kein Verständnis. Selbstverständlich kann jeder eine solche Meinung vertreten. Aber ich halte diese Position für wirklich krude. Denn die Haltung, die in dem offenen Brief vertreten wird, bedeutet ja, dass der, der überfallen wird, sich heute dafür rechtfertigen muss, dass der Krieg andauert. Das ist eine völlig zynische Verdrehung der Realität.

3842: Der Fall Valery Gergiev

Montag, Mai 2nd, 2022

Kurz vor Ostern erschien ein Video des in Sibirien inhaftierten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny über den unermesslichen Reichtum des russischen Dirgenten Valery Gergiev, 68. Der Segen Putins war ihm dabei allezeit gewiss. Der Fall ist ein Beispiel dafür, dass man oberster Kulturbotschafter Russlands sein konnte und zugleich auf die Vorzüge des westlichen Kapitalismus nicht zu verzichten brauchte. Dafür hielt Gergiev Lobreden auf Außenminister Sergej Lawrow und dirigierte Konzerte im Georgien-Krieg und während des Syrien-Krieges im zerstörten Palmyra. 2014 hatte Gergiev offen die völkerrechtswidrige Annektion der Krim gutgeheißen. Das System belohnte ihn mit Privilegien und war beim Luxusimmobilienerwerb in Moskau und St. Petersburg behilflich.

Gergiev hat auch im Westen riesige Latifundien, ein 2,5 Millionen Dollar schweres Appartment in New York, Villen, Ländereien und ganze Küstenstriche in Italien. Ihm gehört das Café Quadri am Markusplatz in Venedig. Viele der Besitztümer gehen auf das Testament der japanischen Harfenistin Yoko Nagae Ceschina zurück, die 2015 gestorben und Witwe eines italienischen Fürsten gewesen war. Seit 2017 legt Gergiev seine russische Steuererklärung nicht mehr offen. Er soll zudem die niederländische Staatsbügerschaft besitzen. Nachdem Gergiev sich von Putins Überfall auf die Ukraine nicht distanziert hatte, haben sich Institutionen wie die Mailänder Scala, die New Yorker Met und die Münchener Philharmoniker (deren Chefdirigent er seit 2015 war) von ihm losgesagt. Skandalös ist es, dass Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sich für das alles niemals interessiert hatte (Christine Lemke-Matwey, Die Zeit 21.4.22).

3841: Frontex-Chef tritt zurück

Montag, Mai 2nd, 2022

Der Frontex-Chef, der 54-jährige Franzose Fabrice Leggeri, tritt zurück. Er nimmt seinen Resturlaub. Frontex-Führungskräfte sollen vertuscht haben, dass Grenzschützer im Mittelmeer Migranten illegal zurückgewiesen haben. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums begrüßte das Rücktrittsangebot Leggeris. Die Vorsitzende des Frontex (gegründet 2004)-Kontrollgremiums, Lena Düpont (CDU), fordert mehr und klarere Orientierung durch die EU-Kommission. Es hat auch Probleme bei der Einstellung qualifizierten neuen Personals gegeben. Am schwersten wiegen jedoch die Vorwürfe des Pushbacks durch nationale Grenzschützer. Am stärksten in der Kritik steht die griechische Küstenwache (Björn Finke, SZ 30.4./1.5.22).

3840: Mehr Frauen im Journalismus

Freitag, April 29th, 2022

Eine Studie der Journalstinneninitiative „Pro Quote“ hat ergeben, dass sich die Lage für Frauen im Journalismus stark verbessert hat. Bei den Öffentlich-Rechtlichen liegt der Frauenanteil bereits bei 50 Prozent. Den „Frauenmachtanteil“ kann man ermitteln, wenn man die Zahl der Journalistinnen mit ihrer Position multipliziert (Gewichtung). An der Spitze liegen der RBB mit 57,4 Prozent und die DW mit 50,8 Prozent. Im Durchschnitt beträgt der Frauenmachtanteil bei den Öffentlich-Rechtlichen 43,4 Prozent. Das Auswahlprinzip besteht darin, dann, wenn eine Frau gleich gut qualifiziert ist, diese einzustellen. Nur in den Sportredaktionen ist der Frauenanteil im Durchschnitt noch nicht höher als zwischen zehn (10) und 15 Prozent. Für die Studie hatten private Rundfunksender keine Daten zur Verfügung gestellt (Jörg Häntzschel, SZ 29.4.22).

3839: Angela Merkel schweigt zu ihren Fehlern.

Donnerstag, April 28th, 2022

Angela Merkel (CDU) war sechzehn Jahre Bundeskanzlerin. Sie trägt die Hauptverantwortung der in dieser Zeit begangenen politischen Fehler. Aber sie schweigt dazu, wie es zu ihr passt. U.a. hat sie 2008 den Nato-Beitritt der Ukraine verhindert. Auf die Dauer wird ihr Schweigen nicht reichen. Das weiß insbesondere Friedrich Merz (CDU). Der Bundespräsident (früher SPD) hat seine Fehler bereits eingeräumt. Der Russen-Lobbyist und frühere Bundeskanzler (SPD) ist dazu nicht in der Lage. Angela Merkel muss vor allen Dingen erklären, warum es in ihrer Amtszeit keine Waffenhilfe für die Ukraine gab. Und warum nach der Annektion der Krim 2014 noch Nord Stream 2 beschlossen wurde. Sie war wohl doch zu eng mit Putin. Jetzt den Rücktritt von Manuela Schwesig (SPD) zu verlangen, wie die Springer-Presse es tut, ist zu billig (Nico Fried, SZ 28.4.22).

3838: Der „Kicker“ in der Nazi-Zeit

Donnerstag, April 28th, 2022

2020 wurde der „Kicker“ 100 Jahre alt, konnte sein Jubiläum aber wegen der Corona-Pandemie nicht begehen. Über die wichtigste deutsche Fußball-Zeitschrift liegt jetzt eine Studie vor:

Lorenz Pfeiffer/Henry Wahlig (Hrsg.): Einig. Furchtlos. Treu. Der ‚Kicker‘ im Nationalsozialismus – eine Aufarbeitung. Göttingen (Die Werkstatt) 2022, 432 S., 39,90 Euro.

Darin wird erneut deutlich, dass der Sport „nach 1945 große Probleme hatte, sich mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen“. Es habe „kollektive Amnesie“ geherrscht. Der „Kicker“ war tief verstrickt in den Nationalsozialismus. Und das obwohl sein Gründer

Walther Bensemann

Jude war und ein „Aushängeschild einer weltoffenen liberalen Sportauffassung“. Er floh 1932 nach Montreux, wo er ein Jahr später starb.

Sein Nachfolger Hans-Jakob Müllenbach als „Hauptschriftleiter“ nach dem „Schriftleitergesetz“ trimmte das Blatt auf Nazi-Linie. Es erschienen Jubeltexte über SA-Aufmärsche. Bald wurde nicht mehr über den englischen Fußball berichtet. Hitlers Überfall auf Polen 1939 feierte die Zeitschrift unter dem Titel „Einig. Furchtlos. Treu“. Der Göttinger Publizist Bernd Beyer hatte die Aufklärung über den „Kicker“ 2003 mit einer Bensemann-Biografie begonnen. Er ist in der Studie vertreten. Für ihn ist es erstaunlich, „in welcher Geschwindigkeit das Erbe Bensemanns von einem strammen NS-Kurs und untertänigen Lobhudeleien aus der feder Müllenbachs abgelöst wurde“.

(Christof Ruf, SZ 27.4.22)