4053: Edgar Reitz wird 90

Einer unserer größten Filmemacher, Edgar Reitz, hat seine Memoiren geschrieben:

Filmzeit, Lebenszeit, Erinnerungen. Berlin (Rowohlt) 2022, 672 S., 30 Euro.

Reitz wird demnächst 90 Jahre alt. Bekannt ist er für seine „Heimat“-Trilogie: „Heimat – Eine deutsche Chronik“, „Die zweite Heimat – Chronik einer Jugend“ und „Heimat 3 – Chronik einer Zeitenwende“. Darin wird der Heimat-Begriff in dem Ort Schabbach so vielfältig, intelligent und virtuos durchbuchstabiert, dass der Begriff seine deutschen Rückständigkeiten verliert.

Edgar Reitz stammt aus dem Hunsrück. Ab 1952 hat er in München studiert und dort Wurzeln geschlagen. Er gehört zu den Unterzeichnern des „Oberhausener Manifests“ 1962, hat aber nie die großen Gemeinsamkeiten unter den Regisseuren empfunden. Relativ viel zusammengearbeitet hat er mit Alexander Kluge: „Die Reise nach Wien“ 1973, „In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod“ 1974. Auch dokumentarisch hat Reitz gearbeitet. Bekannt ist sein Spielfilm „Mahlzeiten“ (1966/67). Reitz Stärke war es, das Privatleben „kleiner Leute“ ernst zu nehmen. Daher seine große Glaubwürdigkeit. Reitz‘ Buch geht über das Filmemachen und enthält eine Theorie des Erzählens. Nie hat ihn sein Sinn für Poesie verlassen. Er schreibt: „Die Sehnsucht will weg von der Heimat, die Wehmut will zurück zu ihr.“ (Susan Vahabzadeh, SZ 17./18.9.22)