4033: Jean-Luc Godard ist tot.

Mit ihm ist der letzte Vertreter der „Nouvelle Vague“ gegangen, der radikalste: Jean-Luc Godard, der mit 91 Jahre gestorben ist. Sein Ruf als Rebell und Umstürzler war wesentlich größer als die Qualität seiner Filme. Er hatte stets die Ausrede, den Zuschauer „verstören“ zu wollen. Das ist ihm viele Male gelungen. Seinen Durchbruch hatte er 1959 mit „Außer Atem“, in dem zugleich Jean Seberg und Jean-Paul Belmondo Stars wurden. Hier brach Godard mit allen Konventionen des Filmemachens, Außenaufnahmen, Ton, Schnitt, Musik. 1963 folgte „Die Verachtung“. Godard stilisierte sich im weiteren Verlauf seiner Karriere selbst als Mythos. Sein Spezialgebiet waren die Eröffnungen, die Anfänge. Und manchmal hatte man den Eindruck, dass er sich für den Rest weit weniger interessierte.

Begonnen hatte Godard in den Fünfzigern als Filmkritiker bei den „Cahiers du Cinéma“. Von 1952 stammt sein Text „Was ist das Kino?“. Mit seinen Kollegen Jacques Rivette, Francois Truffaut, Claude Chabrol und Eric Rohmer pflegte er einen regen Austausch. Vorbilder waren anscheinend Alfred Hitchcock und Howard Hawks. Godards Kamermann Raoul Coutrad blieb seinem Regisseur treu. Er war an vielen der bahnbrechenden technischen Neuerungen beteiligt. Namhafte Schauspielerinnen traten in Godards Filmen auf: Anna Karina, Brigitte Bardot, Marina Vlady, Jane Fonda, Maruschka Dettmers. Bei ihm reüssierte Michel Piccoli. Godard blieb befreundet mit André Bazin, dessen „Was ist Kino?“ uns so viel vom Film verrät wie Godards 60 Filme (Fritz Göttler, SZ 14.9.22; Dominik Graf, SZ 14.9.22).