3842: Der Fall Valery Gergiev

Kurz vor Ostern erschien ein Video des in Sibirien inhaftierten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny über den unermesslichen Reichtum des russischen Dirgenten Valery Gergiev, 68. Der Segen Putins war ihm dabei allezeit gewiss. Der Fall ist ein Beispiel dafür, dass man oberster Kulturbotschafter Russlands sein konnte und zugleich auf die Vorzüge des westlichen Kapitalismus nicht zu verzichten brauchte. Dafür hielt Gergiev Lobreden auf Außenminister Sergej Lawrow und dirigierte Konzerte im Georgien-Krieg und während des Syrien-Krieges im zerstörten Palmyra. 2014 hatte Gergiev offen die völkerrechtswidrige Annektion der Krim gutgeheißen. Das System belohnte ihn mit Privilegien und war beim Luxusimmobilienerwerb in Moskau und St. Petersburg behilflich.

Gergiev hat auch im Westen riesige Latifundien, ein 2,5 Millionen Dollar schweres Appartment in New York, Villen, Ländereien und ganze Küstenstriche in Italien. Ihm gehört das Café Quadri am Markusplatz in Venedig. Viele der Besitztümer gehen auf das Testament der japanischen Harfenistin Yoko Nagae Ceschina zurück, die 2015 gestorben und Witwe eines italienischen Fürsten gewesen war. Seit 2017 legt Gergiev seine russische Steuererklärung nicht mehr offen. Er soll zudem die niederländische Staatsbügerschaft besitzen. Nachdem Gergiev sich von Putins Überfall auf die Ukraine nicht distanziert hatte, haben sich Institutionen wie die Mailänder Scala, die New Yorker Met und die Münchener Philharmoniker (deren Chefdirigent er seit 2015 war) von ihm losgesagt. Skandalös ist es, dass Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sich für das alles niemals interessiert hatte (Christine Lemke-Matwey, Die Zeit 21.4.22).