3468: Fischer erklärt Grünen Außenpolitik: der einzige Bellizist ist Putin.

In einem Interview mit Peter Unfried erklärt Joschka Fischer den Grünen Außenpolitik (taz 22.6.21). Sie haben hier noch viel zu lernen.

taz: Konkret: Sollte man der Ukraine mit Waffen helfen, sich verteidigen zu können?

Fischer: Ich finde es völlig legitim, darüber nachzudenken, was man tun kann, um einem angegriffenen Nachbarn zu helfen, dem man in der Vergangenheit auch durch Russland die territoriale Integrität zugesichert hat im Tausch gegen seine Atomwaffen. Aber meine These lautet: Wir sollten das niemals national und alleine tun, nur in Verbindung mit unseren Partnern in der Allianz und EU. Und das ist gut so.

taz: Wenn man über militärische Hilfe laut nachdenkt wie die Grünen Habeck, Özdemir, Cohn-Bendit oder Fücks, dann ist man bei manchen ruck, zuck ein Bellizist.

Fischer: Entschuldigung, aber der einzige Bellizist, den ich in diesem Konflikt kenne, heißt Wladimir Putin.

taz: Warum Deutschland, kann nicht Frankreich oder Großbritannien die Waffen zur Verteidigung liefern?

Fischer: Das ist eine legitime Frage nach dem Handeln im Bündnis. Aber die Zeit, als andere für uns die Kohlen aus dem Feuer holten, ist definitiv vorbei. … Noch mal: Die deutsche Geschichte besteht aus mehr als zwölf Jahren, aber es führt an den zwölf Jahren kein Weg vorbei. Daraus ergeben sich Zwänge, denen man nicht entkommt. Von der Stärke der Wirtschaft, der Größe der Bevölkerung, der geopolitischen Lage in der Mitte Europas spräche alles dafür, dass unser Land im Interesse Europas versucht, sich neu zu definieren, aber es wird so einfach nicht gehen. Das Vertrauen in die deutsche Außenpolitik ist kein Selbstläufer.

taz: Sie haben als Außenminister die Nato-Intervention im Kosovo 1999 durchgesetzt, bei Bosnien 1994 waren Sie noch strikt dagegen. Wie sehen Sie das heute?

Fischer: Was ich mir selbst vorwerfe, ist, damals eine falsche Position vertreten zu haben. Nicht, weil ich für die Intervention im Kosovo war, sondern dass ich in Bosnien nicht energischer dafür war. Hätte die Nato in Bosnien früher interveniert und gesagt: Entweder ihr woll weiter zusammenleben, dann helfen wir euch bei der Ausarbeitung einer neuen Verfassung. Oder ihr macht weiter mit Krieg, Zerstörung, Folter, Massenvergewaltigungen, dann kommen wir mit 100.000 Mann und allem, was wir haben: Das hätte vielen Menschen vermutlich das Leben gerettet. Das ist der Vorwurf, den ich mir mache. Aber damals sah ich das anders. Ich weiß noch, wie schockiert ich bei den Römerberggesprächen war, als Dany frontal damit kam.