3438: Die Universitäten sind schuld an den Plagiatsaffären.

1. „Der Doktorgrad ist beschädigt. Den einen ist er zum Signum karrieregeiler Hochstapler und halbseidener Schummlerinnen geworden, anderen war die Titelhuberei immer schon Ausdruck intellektueller Überheblichkeit.“

2. „Schuld an dieser Entwicklung sind zwei Gruppen. Zunächst natürlich die Plagiatoren selbst: Karl Theodor zu Guttenberg, Annette Schavan, Franziska Giffey und andere. … Und dann die Universitäten, sie haben der schleichenden Degradierung ihres wichtigsten Grades jahrelang zugesehen. Das gilt insbesondere für die

medizinischen und juristischen,

auch für einige philosophische Fakultäten.“

3. „Warum die eine ihren Doktortitel behalten durfte

(wie Ursula von der Leyen),

der andere ihn aberkannt bekam, der nächste ihn freiwillig zurückgab? Unklar. Warum die Ex-Doktoranden angeklagt wurden, betreuende Professorinnen aber nicht? Man weiß es nicht.“

4. „In der Öffentlichkeit sind die Universitäten nicht als souveräne Institutionen aufgetreten, die hohe wissenschaftliche Standards verteidigen.“

5. „Keine Universität war dabei so überfordert wie die FU Berlin. Seit 27 Monaten versucht das Präsidium, zu einem Schluss in Sachen Giffey zu kommen. … Die Universität hat sich auf ihre Binnenperspektive beschränkt, als sei die interessierte Öffentlichkeit lästig, als sei man keine Transparenz schuldig.“

6. „Die meisten Promotionen dauern Jahre, erfordern Ausdauer, kosten Nerven, sind schlecht bezahlt. Sie bringen am Ende hochqualifizierte Arbeitnehmer hervor. Oder einen Impfstoff: …“

7. „Den Zweifel an der redlichen Promotion auszuräumen, ist Aufgabe der Universitäten: …“

8. „Ein Rückzug der Universitäten nach innen wirkte hierzulande nach den öffentlichen Plagiatsdramen wie eine Bestätigung des Vorurteils, dass der Doktortitel ja doch vor allem ein Statussymbol ist.“

(Anna-Lena Scholz, Die Zeit 27.5.21)