3433: Es geht der Falsche.

Das Rücktrittsgesuch von Reinhard Kardinal Marx wird in der katholischen Kirche mit Respekt und Bedauern zur Kenntnis genommen. In seinem Brief an den Papst vom 21. Mai hatte er geschrieben: „Im Kern geht es für mich darum, Mitverantwortung zu tragen für die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs durch Amtsträger der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten.“ Es habe viel persönliches Versagen gegeben, aber auch und vor allem systemisches.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, bedauert den Schritt von Kardinal Marx. Das Rücktrittsangebot mache deutlich, dass die Kirche in Deutschland den begonnenen Synodalen Weg fortsetzen müsse. Der Präsident des Zentralkomitees deutscher Katholiken, Thomas Sternberg, sagte: „Es geht der Falsche.“ Marx hatte im Prozess der Aufarbeitung der Katastrophe des sexuellen Missbrauchs eine wichtige Rolle gespielt. Der Sprecher der Betroffeneninitiative, Matthias Katsch, sagte: „Marx hat verstanden, dass diejenigen, die den Karren in den Dreck gezogen haben, ihn nicht zugleich wieder rausziehen können.“ (tja./tobs., FAZ 5.6.21)

Joachim Käppner (SZ 5./6.6.21) nimmt sich die katholische Kirche systematischer und analytischer vor. Die Zivilgesellschaft und die katholische Kirche seien sich so fremd wie nie zuvor. Die Gläubigen ließen sich heute nicht mehr bevormunden und missbrauchen, sie forderten eine Erneuerung, Reformen, einen Wandel an Haupt und Gliedern. Es gehe um die Institution Kirche als Ganzes, von der Reinhard Kardinal Marx eine weltoffene Leitfigur gewesen sei.

Es ist typisch, dass diejenigen, die als erste grundlegende Einsichten haben und auf substanzielle Verbesserungen ausgehen, manchmal als erste resignieren („toter Punkt“), während die eigentlichen Reaktionäre und Beschädiger der Kirche bleiben. Die Kirche wird sich damit selbst zur größten Bedrohung. Und demokratische Strukturen für die Verbesserung besitzt sie nicht. Sie behandelt Frauen wie Unmündige und hält mit dem Zölibat an einem vormodernen Gebot fest, das nicht der Bibel entspringt, sondern einer Fundamentalistenbewegung des Mittelalters.