2779: Wer verbietet eigentlich Uwe Tellkamp den Mund ?

Thomas Assheuer hat uns schon auf einige Abwegigkeiten in der deutschen Kunstszene aufmerksam gemacht. Unermüdlich beobachtet er die Lokalitäten und berichtet kundig darüber. Dieses Mal über Uwe Tellkamp (Die Zeit 19.3.20). Als dessen „Turm“ 2008 erschien, sahen einige seiner Leserinnen und Leser in ihm bereits den Vertreter einer neuen deutschen Literatur. Mittlerweile verfasst er Artikel im Umfeld der völkischen Rechten. Assheuer schreibt dazu:

1. Wenn wir uns über die Wiedervereinigung Deutschlands auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner treffen wollten, so sagten wir, die Erde sei eine Kugel und mit dem Fall der Mauer habe der Liberalismus gesiegt.

2. Weit gefehlt, würden Tellkamp und seine Kombattanten sagen, nach der Wende hätte nicht die Freiheit, sondern hätten die Mundtotmacher gesiegt.

3. Wer verbietet eigentlich Uwe Tellkamp den Mund?

4. Der Unterschied bei den Künstlern in der DDR und in der BRD war der, dass „drüben“ schon der Hauch einer eigenen Meinung von Staats wegen verfolgt wurde, während in der BRD die vielen Abwegigkeiten von Künstlern nicht weiter zu Buche schlugen. Wir konnten zur Tagesordnung übergehen. Eine gute Lösung.

5. Ähnlich verächtlich wie Tellkamp sieht auch Frank Castorf die liberale Öffentlichkeit. Die „Mittelmächte der mittleren Mittelschichten“ wollten Kunst „mittelbunt, mittelaufgeklärt und mitteltraurig“. Sie wollten ein „veganes Theater mit geschlechtsneutralen Toiletten“.

6. Castorf sieht sich auch nur als „ein Akzent des gut funktionierenden Systems“. Ja, damit verdient er sein Geld.

7. Wie Heiner Müller, dem politisch stets auf Höchste zu misstrauen war, schon seinerzeit meinte, auf westdeutschen Bühnen könne man alles machen, „es hat aber keine Bedeutung für die Gesellschaft“.

8. Da können uns die Herren Künstler in ihrer Bedeutungslosigkeit ja beinahe leidtun. Wollt ihr die DDR zurück?

9. Vielleicht kann man seine Bedeutung steigern, wenn man schreibt wie Ernst Jünger und Carl Schmitt, beide Steigbügelhalter.

10. Assheuer zitiert hier Jürgen Habermas im Jahr 1991: „Die Entwertung unserer besten und schwächsten intellektuellen Traditionen ist für mich einer der bösesten Aspekte an dem Erbe, das die DDR einbringt.“