Henryk M. Broder soll mit schuld sein am Terror Anders Breiviks

Es hat ja so kommen müssen. Es war abzusehen. Inzwischen haben einige linksliberale Autoren die Mitschuld Henryk M. Broders und anderer (u.a. Thilo Sarrazin und Geert Wilders) am Massenmord Anders Breiviks (76 Tote) entdeckt. Vorzugsweise in Medien, die sich dafür anbieten. Wie die „Frankfurter Rundschau“ und die „taz“. Der letzte war Christian Bommarius. Zwar habe Broder zu keiner Mordtat aufgerufen, dennoch sei der Berliner Autor für das Attentat von Oslo in Haft zu nehmen.

Das ist zwar totaler Blödsinn, lässt aber doch Einblicke in das Denken der Autoren zu. Besonders deutlich gezeigt hatte sich das schon an den Reaktionen in Europa auf die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen in der dänischen Tageszeitung „Jyllands Posten“. Nun bietet sich Broder in mancher Hinsicht geradezu als Objekt solcher Fehlurteile an. In fast allen seiner vielen Bücher von „Linke Tabus“ (1976) über „Erbarmen mit den Deutschen“ (1993) bis zu „Kein Krieg nirgends: Die Deutschen und der Terror“ (2002) und insbesondere „Hurra, wir kapitulieren!“ (2007) löckt der Autor wider den Stachel des Mainstreams und geht gerade dem intellektuellen Milieu auf die Nerven. Broder gönnt sich eine gute Portion Solidarität mit Israel und den Juden in aller Welt. Und manchmal ist er auch ganz schön auf Krawall gebürstet. Das schätzt man nicht in unseren Kreisen. Vor allem nimmt er nie ein Blatt vor den Mund und kann von jedermann leicht verstanden werden. Dazu kommt noch sein großer Erfolg auch im Fernsehen, der ihn vor allem verhasst macht. Gerade wiederholt worden sind alle Folgen von  „Entweder Broder“, die der Autor mit seinem aus Ägypten stammenden Kollegen Salam in Szene gesetzt hat.

Am 6. August hat Broder in der „Welt“ seinen Kritikern geantwortet. Er beruft sich auf Kurt Tucholsky und dessen Thesen von der eigenen Wirkungslosigkeit und nimmt sich den Typus des engagierten Schriftstellers der Gegenwart vor wie er uns in der Person von Günter Grass bestens bekannt ist. Zuletzt habe es einen Aufruf „Solidarität mit dem libyschen Volk“ gegeben, in dem nicht etwa Gaddafi, sondern die NATO verurteilt worden sei, weil sie „alle einschlägigen Bestimmungen des Völkerrechts“ missachte und das libysche Volk dafür bestrafe, dass es „seinen eigenen Entwicklungsweg geht“ und sich „jeglicher Rekolonialisierung verweigert“.

Seine Gegner werfen Broder „aggressiven Antiislamismus“ vor und betonen, er habe nicht den Amoklauf von Breivik veranlasst. Gesinnungsbrüder seien sie trotzdem. Weshalb Broder zum Federhalter greife, während Breivik Waffen gewählt habe. Und er hat in seinem 1500 Seiten umfassenden Manifest mehrfach Broder zitiert. Aus seinem Buch „Hurra, wir kapitulieren!“

Broder jubiliert: „Hurra, ich habe Wirkung!“ Er spricht vom Neid seiner Gegner, und er stellt fest: „Und was Breivik angeht: Er hätte seine Tat auch dann begangen, wenn ich mein Leben lang nur Bastelbücher geschrieben hätte und Sarrazin  nicht unter die Autoren gegangen wäre.“

Mit der Erwähnung Sarrazins wird es bei Broder wieder prekär, was er offensichtlich anstrebt. Denn Sarrazin, der ein unbescholtener Bürger und Sozialdemokrat ist, bedient in seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ ja gerade die Gefühle der Angst vor dem Fremden, des mangelnden Selbstvertrauens, des Misstrauens und der fehlenden Selbstachtung. Er stärkt das ichschwache Milieu der Verlierer und Zukurzgekommenen. Dort blüht die Fremdenfeindlichkeit, die Angst vor fremder Kultur und Religion und bringt Amokläufer hervor. In seinen Einlassungen bekennt sich Breivik zu diesem Milieu. Gegen links, gegen den Marxismus, gegen den Islam. Es sind die Gedanken eines Kleinbürgers, der mit der Komplexität der Welt nicht klarkommt und sie auf seine simplen Kategorien zurechtstutzen möchte.

Broders Welt ist nicht so kleinkariert, sondern bestimmt vom Dank an die USA für die Befreiung Europas vom Faschismus. Sie ist gekennzeichnet von der Solidarität mit Israel, ohne allerdings manche Kritik an der Politik der Regierung Netanjahu zu übernehmen. Broder versteht die Sicherheitsbedürfnisse der Israelis („Die Irren von Zion“ 1998). Dabei wird seine Parteilichkeit klar. Es ist die Parteilichkeit für die Freiheit, die Menschenrechte, die wehrhafte Demokratie und für ein Europa, das an seinen demokratischen Werten festhält.